: HansimGlück
Wenn alle wie Hans wären, wäre die Welt eine Insel der Seligen. Den Namen Hans trägt ein kleines Eiland, besser: ein großer Felsbrocken, der genau zwischen (dem zu Dänemark gehörigen) Grönland und dem Nordosten Kanadas in der Nares-Wasserstraße liegt. Ganze 1,25 Quadratkilometer ist Hans groß, die Fußballfelder-Umrechnung sparen wir uns mal an dieser Stelle, es gibt ohnehin kein Fleckchen Gras auf der Insel.
Seit 1973 haben sich Kanada und Dänemark um den Felsen gestritten, 49 Jahre lang. Das Hin und Her um Hans hatte Unterhaltungswert: Kanadier und Dänen neckten sich gegenseitig, indem sie die jeweiligen Nationalflaggen oder einheimischen Schnaps hinterließen, um Territorialansprüche geltend zu machen.
Bis Dienstagnachmittag. Da wurde die Insel, die nach dem Arktisforscher Hans Hendrik (1832–1889) benannt ist, schiedlich-friedlich aufgeteilt. Nun bildet eine Felsspalte die dänisch-kanadische Grenze. „Dies sendet ein klares Signal, dass es möglich ist, Grenzstreitigkeiten (…) in pragmatischer und friedlicher Weise zu lösen“, sagte der dänische Außenminister Jeppe Kofod und sprach von einem „historischen Tag“.
Für die Beilegung des Konflikts möchte man nun haufenweise Herzchen-Emojis in den Norden senden, und es ist kein Wunder, dass die Story die Menschen weltweit bewegte. Denn unweigerlich denkt man an größere Inseln, um die sich Länder seit Jahren oder Jahrhunderten streiten und bekriegen. Man denkt an einen faschistischen russischen Killerwal, der sich die Krim und andere Gebiete einverleiben will, an Irland und Nordirland, die möglicherweise wieder ein hartes Grenzregime bekommen, an das Gezerre um Zypern.
Wer es etwas harmloser mag, denkt an den 9-Euro-Ticket-Konflikt, der seit einigen Wochen auf Sylt tobt: Kann man die Insel nicht einfach für drei Monate aufteilen? Eine Hälfte für Punks und Pöbel, eine für Snobs und Spießer. So einfach kann das sein. Übrigens war Sylt bis 1866 schon mal geteilt (zwischen dem Herzogtum Schleswig und – sic! – Dänemark). Nach dem deutsch-dänischen Krieg ging die Insel dann an Preußen.
Hans ist ein Held, ein Fels in der geopolitischen Brandung. Sehen wir ihn fortan als Monument des Dialogs und der Diplomatie, der Zugeständnisse und der Zugewandtheit, des Kompromisses und der Kooperation. Jens Uthoff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen