Ein neues Gesicht im Saal A 101

In Augsburg beginnt heute der fünfte Prozess wegen der Schmiergelder des Waffenlobbyisten Schreiber. Auf der Anklagebank sitzt diesmal der frühere CSU-Staatssekretär Holger Pfahls, doch die Frage bleibt die gleiche: War die Kohl-Regierung käuflich?

AUS MÜNCHEN JÖRG SCHALLENBERG

Maximilian Hofmeister hatte wenige Tage vor Prozessbeginn richtig gute Laune. In einem Interview bekannte der 57-jährige Vizepräsident des Augsburger Landgerichts freimütig, „dass die Juristerei für mich immer noch eine tolle Sache ist“. Seine Begeisterung mag sich daraus erklären, dass Hofmeister die Beteiligten einer der größten Polit-Affären in Deutschland bislang fast im Alleingang verurteilen durfte.

Nach dem früheren CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep, zwei Thyssen-Managern und Max Strauß sitzt ab heute als fünfter Angeklagter der einstige Verteidigungs-Staatssekretär Holger Pfahls im Saal A 101 des Landgerichts. Sie alle werden beschuldigt, Geld vom Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber kassiert und dafür keine Steuern bezahlt zu haben.

Die Anklage wegen Steuerhinterziehung ist nur das juristische Hilfsmittel, um in den nächsten Wochen ganz andere Fragen zu beantworten: Wie funktionierte das Schmiergeldlabyrinth von Karlheinz Schreiber wirklich? In welchem Umfang flossen illegale Parteispenden? Und: War ein Mitglied der Regierung Kohl käuflich?

Im Mai dieses Jahres gelangte ein Vernehmungsprotokoll der Staatsanwaltschaft Augsburg durch gezielte Indiskretion in die Medien. Demnach gibt Pfahls zu, Anfang der Neunziger 873.000 Mark von Schreiber bekommen zu haben. Angeblich, um als von Franz Josef Strauß installierter CSU-Staatssekretär des damaligen Verteidigungsministers Manfred Wörner (CDU) Lobbyarbeit für bayerische Rüstungsfirmen zu betreiben.

Damit gesteht Pfahls nur jene Vorwürfe ein, die bereits durch Indizien am besten belegt sind. Die Ermittler werfen dem 62-Jährigen aber vor, von Schreiber 3,8 Millionen Mark Schmiergeld erhalten und dafür 1991 auf politischer Ebene die Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern der Bundeswehr an Saudi-Arabien eingefädelt zu haben. Das Geld soll Schreiber auf einem Schweizer Treuhandkonto für Pfahls gebunkert haben. Allerdings fehlen bislang Beweise, dass Pfahls Zugriff auf dieses Konto hatte.

Im Prozess will Richter Hofmeister vor allem klären, wie viel Geld der Ex-Staatssekretär und frühere Verfassungsschutzchef tatsächlich kassiert hat – und wofür. Auch beim geplanten Bau einer Panzerfabrik durch Thyssen in Kanada soll Pfahls seine Finger im Spiel gehabt haben.

Außerdem erhoffen sich die Ankläger weitere Hinweise darauf, über welche Kanäle Karlheinz Schreiber seine Bestechungsgelder in der deutschen Politik und Wirtschaft verteilt hat. Zumal das Verfahren gegen die zu Gefängnisstrafen verurteilten Thyssen-Manager Wilfried Hastert und Jürgen Maaßmann neu aufgerollt werden muss und Max Strauß Revision eingelegt hat. Dem Sohn von Franz Josef Strauß drohen drei Jahre und drei Monate Haft.

Weil Pfahls umfangreiche Aussagen angekündigt hat, könnte das bis Ende Juli terminierte Verfahren frühzeitig beendet sein. Pfahls’ Verteidiger Volker Hoffmann gab sich nach den Gesprächen mit den Staatsanwälten zuversichtlich: „Wenn er verurteilt wird, wird es nicht zu einer so hohen Strafe kommen, dass er noch Jahre in Haft verbringen muss.“ Pfahls will sich nach Angaben seines Anwalts aber nicht dazu äußern, wer ihm auf seiner fünf Jahre dauernden Flucht geholfen hat.

Der Spiegel berichtete jüngst, dass der Geschäftsmann Dieter Holzer dem Flüchtigen mehrere Verstecke in Frankreich besorgt haben soll. Pfahls war 2004 in Paris verhaftet worden. Zudem soll er Kontakte zu verschiedenen Geheimdiensten genutzt haben.

Nach dem Pfahls-Prozess hofft Richter Maximilian Hofmeister darauf, einen weiteren Angeklagten in Augsburg begrüßen zu dürfen: Karlheinz Schreiber selbst, dessen Auslieferung aus Kanada lange beantragt ist. Den wird Hofmeister allerdings nicht mehr selbst aburteilen. Er gibt den Vorsitz über die zuständige Wirtschaftsstrafkammer demnächst ab.