Mehr Zeit für Arbeitslose

Die Mitarbeiter der Jobcenter sollen sich nicht länger im Kompetenzgerangel zwischen Kommunen und Arbeitsagentur aufreiben. Arbeitsminister Clement und Agenturchef Weise wollen endlich präzise festlegen, wer für was verantwortlich ist

AUS BERLIN COSIMA SCHMITT

Sie sollen endlich allein ihren Job tun. Arbeit vermitteln, Geld verteilen. Und nicht Energien verschwenden, weil sie um Machtfragen rangeln. Die Jobcenter sollen neu organisiert werden – zumindest jener Part, der sich dem Arbeitslosengeld II widmet. Dies verkündeten gestern Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur der Arbeit. Künftig soll präzise aufgeteilt sein, wer für was verantwortlich ist.

Das Gros der Alg-II-Klientel wird von Arbeitsgemeinschaften betreut. Sie gelten als dauernder Quell des Konflikts. Denn hier ackern Seite an Seite frühere Sozialamtsmitarbeiter mit Kollegen der Arbeitsagentur. Wer entscheidet, wer hat die Macht? Noch überlappen sich die Zuständigkeiten. Nach dem Weise-Clement-Plan aber soll die Arbeit vor Ort künftig in der Hand der Kommunen liegen. Geld zuweisen, die Aufsicht führen – das tut dann die Arbeitsagentur.

Welche Strategie sie wählt für weniger Jobnot vor Ort, entscheidet die Trägergesellschaft. Bisher galt hier das Fairnessprinzip. In der einen Hälfte der Gesellschaften hatte die Arbeitsagentur die Mehrheit, in der anderen hatten sie die Kommunen. Das soll jetzt anders werden. Jede Trägergesellschaft soll den Kommunen anbieten, die Vormacht zu übernehmen. Das heißt: Wie sie ganz praktisch einen Arbeitslosen in Lohn und Brot bringen wollen, entscheiden die Kommunen.

Außerdem soll die Position des Geschäftsführers aufgewertet werden. Bisher hat er wenig zu sagen. Will er zum Beispiel seine Mitarbeiter zur einer Sonderschicht bewegen, dann kann es geschehen, dass die Sozialamtsmitarbeiter sagen: Ja, wir tun das. Und die Arbeitsagenturler bleiben zu Haus. Ein Unding, findet Weise. Künftig soll der Geschäftsführer über sämtliches Personal entscheiden.

Die Bundesagentur bleibt nicht nur Herrin der Finanzmittel. Sie versteht sich auch als Kontrollinstanz. Sie überprüft, ob die Kommune ihre selbst gesteckten Ziele erreicht oder nicht. Und sie vergleicht, was andere mit dem gleichen Geld und Aufwand erreichen.

Dass bislang überhaupt Wirrwarr herrscht, daran ist ein Kompromiss schuld. Ursprünglich wollte die Regierung die Empfänger von Alg II vor Ort allein durch die Bundesagentur betreuen lassen. Die Opposition lehnte das ab. Man einigte sich auf eine Mischform, die sich dann aber als wenig praktikabel erwies.

Es ist nicht der Kompetenzstreit allein, der die Kollegen in den Arbeitsgemeinschaften entzweit. Auch das Gehalt sorgt für Unmut. Denn noch werden hier Mitarbeiter für den gleichen Job unterschiedlich bezahlt. Die Beschäftigen der Gemeinden bekommen häufig etwas mehr Geld als Mitarbeiter der Arbeitsagentur. „Dass das angeglichen wird, ist selbstverständlich“, sagt Clement. Alles andere sei nicht gerecht. Wie genau das finanziert werden soll, wird noch verhandelt. Weise will die nötigen Mehrausgaben intern einsparen.

Clement und Weise verkündeten einmütig, das neue Modell sei zukunftsweisend. Vielversprechender als das alternative „Optionsmodell“, in dem die Kommunen allein Langzeitarbeitslose betreuen, ganz ohne Mitwirkung der Arbeitsagentur. Für die vereinbarten Neuerungen brauche man die Gesetze nicht zu ändern, sagte Clement.

Was hat nun der gemeine Langzeitarbeitslose von all dem Bürokratieumbau? Man hat mehr Zeit für ihn, meint Clement. „Er hat jemanden vor sich, der sich nicht permanent mit sich selbst beschäftigen muss.“