Die Post geht ab

VON KATHARINA KOUFEN

Die Post will noch in diesem Jahr auf dem Land bis zu 300 Filialen eröffnen. Damit soll getestet werden, ob eine flächendeckende Grundversorgung auch nach Ende 2007 finanzierbar ist, wenn das Briefmonopol der Deutschen Post AG wegfällt. Das teilte das Unternehmen gestern in Bonn mit.

An 300 zusätzlichen Standorten soll eine neue Version der Postfiliale entstehen, eine so genannte Post Light. Dort wird es nur ein „schlankes Basissortiment“ geben: Briefe und Pakete können verschickt, Briefmarken und Paketkartons gekauft werden. Einschreiben und Nachnahmen fallen weg. Die Mini-Postfilialen lagern keine Päckchen und sind auch nicht für den Postbankservice zuständig. Die Poststellen sollen in Läden und Supermärkten mit angesiedelt werden. Damit versuche die Post den Spagat zwischen verändertem Kundenverhalten – weniger Briefe, mehr E-Mails – und Kosten hinzubekommen, erklärte Sprecher Jürgen Blohm gestern.

Nach Abschluss dieses „Betriebsversuchs“ im Frühjahr 2006 will die Post über das neue Modell entscheiden. Sollte es umgesetzt werden, gäbe es künftig eine Dreierstruktur: Großfilialen mit einem Komplettangebot einschließlich Postbankservice, Filialen ohne Postbankservice und schlichte Agenturfilialen in Läden oder Tankstellen mit stark reduziertem Angebot.

Mit den Neueröffnungen stoppt das Unternehmen erstmals seit Ende der 80er-Jahre seinen Schrumpfkurs in Deutschland. 1990 standen noch 21.000 Postfilialen zur Verfügung, heute sind es 12.500, knapp mehr als die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl von 12.000.

Das Argument des mittlerweile weltweit agierenden Konzerns lautete bisher: Zu viele Filialen, zumal auf dem platten Land, seien unrentabel. Für den freien Wettbewerb ab 2008 müsse man konkurrenzfähig werden. Aus diesem Grund werden seit der Umwandlung in eine Aktien-AG 1995 auch kontinuierlich Personalkosten eingespart. Waren früher neun von zehn Mitarbeitern verbeamtet, sind es heute nur noch rund ein Drittel. Angestellte in den Postfilialen werden nach dem niedrigeren Einzelhandelstarif bezahlt.

Der Grund nun für den Richtungswechsel: Das Postgesetz hält immer noch offen, ob der „marktbeherrschende Anbieter“ – und das wäre weiterhin die Post AG – auch nach Wegfall des Monopols für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung zuständig ist.

Postchef Klaus Zumwinkel fürchtet bereits, dass sich die Konkurrenten die Rosinen in den Ballungsräumen herauspicken und die Post den Ballast unrentabler Dorffilialen mit sich herumschleppt. Sein Unternehmen würde daher eine Fondslösung bevorzugen, wie sie etwa in Österreich gilt: Unrentable Filialen werden ausgeschrieben. Den Zuschlag erhält der billigste Anbieter, die Differenz zwischen Kosten und Einnahmen teilen sich alle Postdienstleister.

Und noch etwas dürfte die Post zu neuen Filialen bewegen: Ihr Image hat unter der Streichorgie der letzten 15 Jahre stark gelitten. Für viele Menschen sind es immer noch ihre „Bundespost“ und ihr „Postamt“, die für die zuverlässige Beförderung von Briefen geradezustehen haben. Richtig erbost hat vor allem ältere Menschen, dass vielerorts nur noch der „mobile Postdienstleister“, kurz Mops, zuständig ist, und der muss schriftlich nach Hause bestellt werden. „Ich bin mir sicher, die Post reagiert hiermit auf den Druck der Öffentlichkeit“, meint Elmar Müller vom Deutschen Verband für Post und Telekommunikation. Sein Verband fordert gleich „1.500 bis 2.000 neue Filialen“.