„Junge Freiheit“ weiter im Visier

NRW-Verfassungsschutz führt das Rechtsblatt weiter in seinen Berichten. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Zeitung nicht „rechtsextrem“ genannt werden darf

VON HOLGER PAULER

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz will die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit weiterhin in seinen Verfassungsschutzberichten erwähnen. Dies bestätigte der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Hartwig Möller gestern nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVG) Karlsruhe. Das Gericht sah in der Einstufung der Jungen Freiheit als rechtsextremistisch eine Verletzung der Pressefreiheit. Die Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen sei ebenso erlaubt wie die Äußerung von Forderungen, „tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern“, begründeten die Karlsruher Richter. „Wir werden weiterhin darauf aufmerksam machen, welche Gefahren der Demokratie durch den intellektuellen Rechtsextremismus drohen“, sagte Möller. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf muss nun entscheiden.

Die Junge Freiheit hatte am 23. Juni 2001 Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Die Herausgeber klagten dagegen, dass die Zeitung in den Jahren 1994 und 1995 jeweils im Verfassungsschutzbericht NRW als „rechtsextremistisch“ erwähnt wurde. Sie sahen darin einen Verstoß gegen die Meinungs- und Pressefreiheit. Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf hatte eine entsprechende Klage im Februar 1997 abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte darauf hin eine Berufung gegen dieses Urteil nicht zugelassen.

Zur weiteren Begründung des Urteils wies das BVG darauf hin, dass ein Großteil der rechtsextremen Inhalte vor allem von freien Autoren und Lesern der Jungen Freiheit stammten. „Die Zeitung darf sich nicht so einfach aus der Affäre ziehen“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Monika Düker. Die Junge Freiheit sei zu einem Großteil von freien Autoren abhängig. „Die Zugehörigkeit zur Redaktion kann kein Kriterium sein“, so Düker. An den Inhalten könne es keinen Zweifel geben.

Eine Meinung, die auch der Verfassungsschutz teilt: „Offensichtlich schließt das Bundesverfassungsgericht nicht aus, dass in der Jungen Freiheit in den Berichtsjahren 1994 und 1995 verfassungsfeindliche Positionen vertreten wurden“, heißt es in einer Mitteilung. „Hinter ihrem gemäßigten Duktus verbergen sich oft antidemokratische und fremdenfeindliche Konzepte. Dies zu enttarnen bleibt eine der wichtigsten Aufgaben unseres Verfassungsschutzes“, sagte Verfassungsschutz-Chef Möller.

Obwohl die Zeitung auch in den Verfassungsschutzberichten des Landes Baden Württemberg und des Bundes vorkommt, hat sie sich nur gegen NRW gewandt. Vermutlich aus politischen Gründen: Der Verfassungsschutz hatte im Oktober 2003, gemeinsam mit dem damaligen NRW-Innenministerium, zu einer Tagung unter dem Titel, „Die Neue Rechte – eine Gefahr für die Demokratie?“, nach Düsseldorf geladen. Dabei ging es neben einer Milieubeschreibung des rechten Randes – von Teilen der CDU bis hin zu Neonazikadern – auch um die Junge Freiheit. Die Zeitung selbst sprach von einer „linksextremen“ Referentenliste. Bundestagsabgeordnete von CDU und FDP wandten sich in einem Brief an die Welt am Sonntag, in dem sie die Inhalte der Tagung kritisierten.

Über die inhaltliche Ausrichtung der Jungen Freiheit besteht dabei kein Zweifel. Der Franzose Alain de Benoist, einer der Vordenker der „Neuen Rechten“ in Europa, ist einer der ständigen Mitarbeiter der rechtsextremen Wochenzeitung: „Seine Erklärung zum Irakkrieg ist beispiellos“, sagte Alfred Schobert vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS). In dieser Erklärung hieß es unter anderem: „Jeder Akt von Vergeltungsmaßnahmen, gerichtet gegen amerikanische Interessen und auch amerikanische Personen“ sei von nun an zugleich „legitim und notwendig“. Noch heute wirbt die Junge Freiheit mit dem „Interviewpartner“ Benoist. Im Zusammenhang mit NPD-Anwalt Horst Mahler und seinen antisemitischen Pamphleten sprach die Postille von der „Paranoia der Gesellschaft“. Auch auf den überwiegenden Teil der Stammautoren sei das Prädikat „rechtsextrem“ durchaus zutreffend, sagt Alfred Schobert.

Vielleicht genügt auch ein Blick auf das Junge Freiheit-Buch des Monats: „Phantom ‚Neue Rechte‘ “, heißt es. Autor ist der Herausgeber der Jungen Freiheit, Dieter Stein. „Der Begriff einer angeblich existierenden extremistischen ‚Neuen Rechten‘ ist eine solche ‚Festung‘, mit der – so erträumen es sich zumindest die zweifelhaften Strategen des NRW-Verfassungsschutzes – das bürgerliche, konservative Lager, kurz: die eine Hälfte des demokratischen Spektrums, in Schach gehalten werden kann“, heißt es dort.

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