Kunde auf dem Amt bald König

Senat stellt Weichen für Verwaltungsreform: Bezirksämter mutieren zu Bündeln von Service-Centern. Mehr Kompetenzen vor Ort, Aufgabenentflechtung unvollständig

Der Senat hat gestern die Weichen für die angekündigte Verwaltungsreform gestellt. „Das ist der erste geschlossene Vorschlag seit 1949“, sagte der verantwortliche Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU). „Ob das ein großer Wurf ist, das mögen die Historiker beurteilen.“

Die Opposition wusste dies postwendend zu verneinen. Die GAL tadelte, dass die gewünschte Entflechtung von Steuerungs- und Durchführungsaufgaben zum Teil an den Machtinteressen einzelner Senatoren gescheitert sei. Die SPD kritisierte, dass Dienste wie das Ausstellen von Impfausweisen, die Vermittlung von rollstuhlgerechten Wohnungen oder von Adoptionen nur noch zentral von einem Bezirksamt angeboten werden sollen.

Nach den Vorstellungen des Senats sollen die Bezirksämter komplett auf Kundenorientierung hin umgekrempelt werden. Neben einer Steuerungs- und Serviceabteilung für die übrigen Teile des Bezirksamtes soll es nur noch drei Dezernate mit entsprechenden Kundenzentren geben: Eines für „Bürgerservice“, der bereits heute in vielen Bezirken in Kundenzentren angeboten wird, eins für „Soziales“, wo nach dem Vorbild der Hartz IV-Arge Dienstleistungszentren für alle Hilfesuchenden geschaffen werden sollen, und eines für „Wirtschaft, Bau, Umwelt“.

Wer sich an ein solches Zentrum wendet, soll auch in komplizierten Fällen nur von einem „Verfahrensmanager“ betreut werden, so dass der Gang von Pontius zu Pilatus erspart bliebe. Mit Einrichtung der Dienstleistungszentren sollen die Ortsämter aufgelöst werden. Die Frage des künftigen Bezirskzuschnitts ließ der Senat offen.

Allgemein war es Ziel der Reform, dass die Bezirke sich mit den Bürgern um die praktischen Angelegenheiten vor Ort kümmern sollen, während die Senatsebene den Handlungsrahmen vorgibt und über gesamtstädtische Projekte entscheidet.

Beim Straßenbau soll daher die Stadtentwicklungsbehörde für Hauptverkehrsstraßen zuständig sein, während sich die Bezirke mit eigenem Etat um den Rest kümmern. Bei der Verkehrsregelung (Tempo-30-Zonen, Radwege) entscheidet der Bezirk. Hat die Innenbehörde aber Einwände, entscheidet deren Staatsrat. „Eigentlich sollte das Verwaltungshandeln einfacher werden“, schimpfte GALier Till Steffen: „Jetzt wird es noch komplizierter.“ Gernot Knödler