Reformschule ist strikt verboten

SCHULSTREIT CDU will Obervieland als durchgehendes Gymnasium erhalten, SPD und Grüne planen dagegen Fusion mit Stadtteil-Gesamtschule

Fremd- und Selbstwahrnehmung divergieren:

■  „Dieses Konstrukt ist mit der obersten Leitung der CDU abgestimmt und Teil des Bildungskonsenses.“ (Protokoll eines Gesprächs mit Schulräten, 21. 8.)

■ „Die Pläne lassen leider nur die Erwartung zu, dass die als ‚Gymnasium mit besonderem Auftrag‘ bezeichnete Schule faktisch eine Oberschule sein wird. Wir lehnen deshalb eine Veränderung des Status quo am Gymnasium Obervieland ab.“ (Brief von Thomas Röwekamp (CDU) an die Bildungssenatorin, 30. 8.)

Macht Rot-Grün die bremische Schulpolitik oder regiert die CDU auf Grundlage des Schulkonsens mit? Das ist die Frage, über die am Schulstandort Obervieland gerungen wird. Dort sind – in Folge sozialdemokratischer Schulpolitik – unter einem Dach ein Gymnasium und eine Gesamtschule untergebracht. Die Gesamtschule ist daher weitgehend eine Sekundarschule ohne Gymnasial-Kinder. Eine unsinnige Konstruktion – da sind sich inzwischen alle einig.

Für die SPD war immer klar, dass sich auf Dauer das Gymnasium in die Gesamtschule auflösen würde. Nun ist aber dieser Schulstandort in die Liste der acht Gymnasien aufgenommen worden, für die mit der CDU im Schulkonsens „Bestandsschutz“ ausgehandelt wurde.

Die Mehrheit von SPD und Grünen im Beirat hat am Dienstag bekräftigt, dass das gesamte Schulzentrum „Gymnasium“ werden soll. Das soll alle Abschlüsse anbieten – ein „Gymnasium“, unter dessen Dach nach bisherigen Kriterien mehr als die Hälfte der Schüler keine Gymnasial-Empfehlung haben.

In einem internen Protokoll heißt es, eigentlich sei da eine „Reformschule“ geplant – „es darf aber auf keinen Fall so genannt werden“. Sechs- bis sieben-zügig solle dieses Gymnasium sein. Sprich: Alle bisher der Stadtteilschule zugerechneten SchülerInnen sind für es eingeplant. In den Klassenstufen 5 - 10 solle „gemeinsames Lernen stattfinden“. Die CDU-Abgeordnete Sandra Ahrens schimpfte in der Beiratssitzung: „Da soll an eine Gesamtschule das Schild Gymnasium angenagelt werden.“ Die CDU war besonders sauer, weil in dem internen Papier der Satz steht: „Dieses Konstrukt ist mit der obersten Leitung der CDU abgestimmt.“ Datum: 21. August.

Eine Woche später hat die „oberste Leitung“ der CDU, der Vorsitzende Thomas Röwekamp, an die Bildungssenatorin in einem Brief geschrieben: „Für die CDU ist vollkommen klar, dass das Gymnasium Obervieland ein Gymnasium bleiben muss.“ Die von der Schulverwaltung vorgestellten Pläne liefen aber „faktisch auf eine Oberschule“ hinaus und würden daher von der CDU „abgelehnt“.

In ihrer Antwort an Röwekamp hat Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) versichert, alle Abweichungen von dem klassischen Modell „Gymnasium“ – Stichwort „Reformgymnasium“ – würden nach Bildungskonsens mit der CDU gemeinsam besprochen. Gisela Rabeler, Beiratssprecher in der CDU, ist beruhigt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Röwekamp und Rohmeyer umfallen.“ KAWE