brief des tages
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Gewalt in der Pflege

„Raúl Krauthausen über Morde im Oberlinhaus: „Die Morde sind kein Einzelfall“. Vor einem Jahr tötete eine Pflegerin vier Menschen mit Behinderung“, taz vom 28. 4. 22

Grundsätzlich hat Herr Krauthausen mit seinen Ansätzen recht, seine Forderungen greifen dann aber über das Ziel hinaus. Zum Thema Gewalt in stationären Einrichtungen sei gesagt, ja, sie findet statt, sie findet aber auch im häuslichen Bereich statt und in den begleiteten Wohnformen. Die Fachstelle für Pflege und Behinderteneinrichtungen, Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) darf aber nur voll- und teilstationäre Einrichtungen kontrollieren. Sprich, wenn die gemietete Pflegekraft die Oma in ihrer Wohnung fixiert (am Bettgestell, mit Türverschluss), wird das nicht dokumentiert. Was Herr Krauthausen übersieht: Je mehr Assistenz und Pflege in den individuellen privaten Raum wandern, um so mehr entziehen sie sich der öffentlichen Kontrolle. Dokumentation und Kontrolle durch die FQA findet ausschließlich in öffentlichen Trägereinrichtungen statt. Der ambulante Dienst wird nicht kontrolliert. Deshalb würde eine Abschaffung von stationären Einrichtungen zu mehr und nicht zu weniger Gewalt führen.

Holger Lauerer, Augsburg