„Becker ist schuldig“

RAF Im Prozess um den Buback-Mord von 1977 haben die mehrtägigen Plädoyers begonnen. Für die Ankläger steht fest, dass Verena Becker an dem Attentat beteiligt war

„Der Mord an Buback ist nicht unter staatlicher Aufsicht erfolgt“

Bundesanwalt Walter Hemberger

AUS STUTTGART CHRISTIAN RATH

Die Bundesanwaltschaft fordert eine Verurteilung Verena Beckers wegen Mordes. Sie soll am RAF-Attentat auf Generalbundesanwalts Siegfried Buback und seine Begleiter im Jahr 1977 beteiligt gewesen sein. „Sie ist schuldig, das steht für uns fest“, sagte Oberstaatsanwältin Silke Ritzert.

Nach 91 Verhandlungstagen haben an diesem Dienstag in Stuttgart endlich die Plädoyers begonnen. Allein die Bundesanwaltschaft als Anklagebehörde kündigte einen achtstündigen Schlussvortrag an. Nebenkläger Siegfried Buback, der Sohn des Opfers, will am Donnerstag und Freitag plädieren, die Verteidigung am 25. und 26. Juni. Das Urteil ist für den 6. Juli geplant.

Nebenkläger Buback glaubt, dass Verena Becker seinen Vater erschossen hat. Diese Theorie hält die Bundesanwaltschaft nach dem langen Prozess aber für endgültig widerlegt. „Es gibt keinen belastbaren Hinweis auf eine unmittelbare Täterschaft von Verena Becker“, betonte Bundesanwalt Walter Hemberger.

Die von Buback angeführten Zeugen, die eine zierliche oder weibliche Person als Sozius auf dem Tatmotorrad gesehen haben wollen, seien unglaubwürdig. Meist hätten sie 1977 etwas anderes ausgesagt und sich erst Jahrzehnte später unter dem Einfluss der Medienberichterstattung mit neuen „Erinnerungen“ gemeldet. Stundenlang referierte Hemberger die Zeugenaussagen und legte Inkonsistenzen und Widersprüchlichkeiten dar. „Herr Buback nimmt nur die Rosinen davon, das heißt die Aussagen, die zu seiner Theorie passen“, kritisierte der Bundesanwalt.

Vehement wies Hemberger Vorwürfe Bubacks zurück, 1977 seien Hinweise auf eine weibliche Täterin unterdrückt und Aussagen gefälscht worden: „Da hätten 1977 sehr viele Polizeibeamte zusammenwirken müssen, was diese heute aber alle mit Empörung zurückweisen“, so Hemberger. Die Annahme einer derartigen Verschwörung sei aber schon deshalb abwegig, weil der bloße Hinweis auf einen zierlichen Körperbau des Täters „auf keinen Fall“ für die Verurteilung gerade von Verena Becker ausreichen könnte. Nebenkläger Buback hatte immer wieder von einer „schützenden Hand“ des Staates gesprochen und vermutet, dass Verena Becker nicht erst Anfang der 80er Jahre, sondern schon 1977 für den Verfassungsschutz arbeitete.

Bundesanwalt Hemberger wies dies erneut zurück: „Verena Becker war 1977 keine staatliche Informantin, der Mord an Siegfried Buback ist nicht unter staatlicher Aufsicht und schon gar nicht auf staatliche Anordnung erfolgt.“

Im zweiten Teil des Plädoyers wollte Oberstaatsanwältin Silke Ritzert nach Redaktionsschluss darlegen, was Becker konkret vorgeworfen wird, ob sie wegen Mittäterschaft oder nur wegen Beihilfe verurteilt werden soll. In der Anklage war Becker ursprünglich Mittäterschaft vorgeworfen worden, Becker habe im Vorfeld die Gruppe zu dem Anschlag gedrängt, den Tatort ausgekundschaftet und danach die Bekennerschreiben verschickt.

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