Von Zirkus und Poesie

Angela Guerreiros tanzpädagogisches Projekt DanceKiosk.Hamburg startet im Sprechwerk

von Christine Schams

An Pioniergeist, Visionen, Leidenschaft und einer gehörigen Portion Optimismus fehlt es den Organisatoren nicht. Und angesichts ihrer Ziele, leerer Kassen und Kürzungen im kulturellen Bereich braucht es die auch: Das tanzpädagogische Projekt „DanceKiosk.Hamburg“, das ab Sonntag an erstmals Hamburg bereichert, soll als feste Größe etabliert werden und Hamburg einmal im Jahr ins Zentrum der internationalen freien Tanzszene rücken.

Initiiert und konzipiert wurde das Festival von der international bekannten portugiesischen Tänzerin, Performerin und Choreografin Angela Guerreiro, die seit 1994 in Hamburg lebt und sich mit Stücken wie Plant Hunters, Exposure oder Hamburg2Shanghai einen Namen gemacht hat. Mit DanceKiosk.Hamburg will sie Künstlern alle Anforderungen, denen sie sich als Tänzer oder Choreografen stellen müssen, vermitteln.

An unterschiedlichen Einrichtungen – im Künstlerhaus Vorwerkstift, im Sprechwerk, im Schauspielstudio Frese und bei der Tanzinitiative Hamburg – bekommen Interessenten in Seminaren, Workshops und Aufführungen theoretische und praktische Einblicke in zeitgenössischen Tanz, Ausdruckstanz, in Komposition, Praxis der Bühnentechnik, des Licht- und Sounddesign und in Dramaturgie. DanceKiosk.Hamburg richtet sich an Profis und Laien – auch an Kinder.

Den Wunsch, in Hamburg eine Plattform für die freie Szene des zeitgenössischen Tanzes zu schaffen, hegt Guerreiro schon länger. Die Idee gründet sich auf ein Handicap vieler Tänzer: „Die Tänzer lernen in Ausbildungen gezielt Schritte, jedoch fehlt ihnen der Überblick, was Tanz eigentlich bedeutet. Tanz ist mehr, als sich auf der Bühne zu bewegen“, sagt Mit-Organisatorin Cecilia Amado.

Für die Umsetzung des Projekt hat Angela Guerreiro zahlreiche renommierte Künstler gewonnen: Johnny Lloyd, einen der versiertesten Choreografen und besten Swinglehrer weltweit, den mehrfach ausgezeichneten Choreografen, Performer und Improvisationskünstler Benoît Lachambre, die New Yorker Tänzerin und Lehrerin Eva Karczag, die Hamburger Tanzlehrerin Fiona Gordon sowie den Choreografen und Komponisten Jan Pusch, ehemals Tänzer beim Hamburg Ballett.

Das Programm von DanceKiosk.Hamburg bietet neben Tanztrainings auch Performances, den so genannten Kiosk.ShotCuts, in denen die Künstler in kurzen Stücken die Vielseitigkeit tänzerischen Ausdrucks präsentieren: Accidental Artist von Johnny Lloyd etwa ist eine eigenwillige Mischung aus Solokonzert, Tanz, Zirkusartistik, Poesie, Blues, Jazz, Hip Hop und Kritik an der amerikanischen Konsumkultur und aktuellen US-Politik.

Um menschliche und soziale Beziehungen geht es in White Trash von Benoît Lachambre und Isabelle Schade, Sven Seeger setzt sich in Wenn es 25 Stockwerke, dann sind es eben so viele mit der wirtschaftlichen Situation und Globalisierung auseinander. Die Kiosk.Seminars verknüpfen Tanz und Theorie: So stellt Johnny Lloyd in seinem Vortrag „Die kulturelle Bedeutung des Hip Hop“ die Wurzeln des Hip Hop und neueste Entwicklungen vor, Filmemacher Lutz Gregor referiert in „Video-Dance“ über das Verhältnis von Tanz und der Aufzeichnung mit der Kamera. Marek Lamprecht spricht über die Bedeutung der Beleuchtung im Tanz.

Sicher ist übrigens bereits jetzt, dass Angela Guerreiro mit ihrem Projekt DanceKiosk.Hamburg den Nerv vieler Künstler getroffen hat: Zahlreiche Tänzer und Choreografen haben bereits jetzt ihre Zusage für nächstes Jahr garantiert.

Eröffnungsparty: So, 3.7., 18 Uhr, Künstlerhaus Vorwerkstift, Vorwerkstraße 21. DanceKiosk.Hamburg findet vom 4. bis 30. 7. im Hamburger Sprechwerk, Klaus-Groth-Str. 23 statt. Programm und Anmeldung: www.dancekiosk-hamburg.de