asienwochen
: Berlin schleicht zu Markte

Schon zum fünften Mal lädt Berlin im September asiatische Länder in die Hauptstadt ein, um sich bei den Asien-Pazifik-Wochen gegenseitig kennen zu lernen. Dieses Hochglanz-Engagement hat sich gelohnt: Mittlerweile sind die 14 Tage Renommierprogramm europaweit zur wichtigsten Plattform des Dialogs mit den asiatischen Ökonomien geworden. Das ist lobenswert, immerhin hat Berlin schon lange von sich behauptet, eine Ost-West-Drehscheibe zu sein. Und weil die Stadt selbst wenig produziert, macht sie sich inzwischen wenigstens als Kontaktemaklerin nützlich.

KOMMENTAR VON
ADRIENNE WOLTERSDORF

Umso enttäuschender ist es, dass bei den Organisatoren – dem Senat, großen deutschen Unternehmen und diversen Wirtschaftsforen – auch bei so viel Erfolg immer noch der Mut fehlt, etwas mehr an Problembewusstsein zu vermitteln. Über 200 Veranstaltungen, auf allen Ebenen, und keine darf sich konfrontativ mit den unübersehbaren Missständen in manchen der beteiligten Ländern befassen. Alle Mitveranstalter sind diplomatisch bedenkenlose Institutionen.

Kleine, unabhängige Organisationen, die den Dialog zu bestimmten Themen oft genug kompetent führen können, sind nicht erwünscht. Zu besorgt ist man, die asiatischen Kapitalisten, die oft genug in Harvard studiert haben, zu verschrecken. Dabei – das zeigen deren Kontakte zum Beispiel zu den USA – können die mittlerweile deutliche Worte ganz gut ab. Die Kritik an den Asien-Wochen selbst ist nicht neu, doch nervt zunehmend die Hasenfüßigkeit, mit der eine so erfolgreiche Exportnation wie Deutschland sich wegduckt, wenn es um den eigenen Standpunkt geht. Da Berlin nun mal die Hauptstadt Deutschlands ist, wäre ein bisschen mehr politisches Rückgrat ganz angebracht.