Was fürs Auge

Das Design von Fernsehkanälen wird in einem umkämpften Markt immer wichtiger. In New York wurden jetzt vorbildliche Sender ausgezeichnet

VON WILFRIED URBE

Einst die Boom-Disziplin in den Medien: TV-Design und -Marketing. Nachdem Anfang der 90er Jahre Know-how und Experten teuer aus den USA gekauft wurden, hat sich die hiesige Branche mittlerweile professionalisiert. Gerade wurden auf dem Welttreff der Branche mit den „Promax-Awards“ in New York die begehrten Auszeichnungen der Verbände Promax und BDA vergeben. Und Deutsche haben kräftig abgeräumt: Zehn Trophäen konnte allein die ProSiebenSat.1-Gruppe für sich verbuchen, neun Preise gingen an RTL 2.

Nach dem wirtschaftlichen Einbruch Anfang des Jahrtausends sind Designer und Marketeers wieder gefragt. Denn Logos, Claims und Designs sollen den Sendern ein unverwechselbares Gesicht geben. Allein die Eigenwerbung der großen Sender mit Trailern macht täglich rund eine Stunde aus. Millionenschwere Saison-Kampagnen kommen dazu. Kein Wunder, denn der deutsche Fernsehmarkt ist der härteste der Welt: Über 30 frei empfangbare Programme buhlen um die Gunst der Zuschauer. Da wird ein unverwechselbares Profil zur Notwendigkeit. Wenn bald immer mehr digitale Kanäle starten werden, wird die Disziplin zur Überlebensfrage.

Daran besteht auch für den Chef der Universal-Fernsehsender in Deutschland, Wolfram Winter, kein Zweifel: „Bei 20 oder 30 Sendern ist das bereits wichtig, aber bei 300 oder 400 Sendern wird die Unterscheidbarkeit das Entscheidende sein. Wenn heute ein Sender neu startet, dann sind die Marktanteile kaum messbar – umso wesentlicher wird da die Marke.“

Unklar ist allerdings, warum bei dieser Dringlichkeit sich viele Sender in ihrem Auftritt gleichen wie ein Ei dem anderen. Viele TV-Stationen haben eine Farbgebung, die sich ähnelt: blau, rot oder orange. Eine vor kurzem veröffentlichte Doktorarbeit zum Thema kommt zum Schluss, dass eine „Uniformität durch Emotionalisierung“ entstanden ist. Der Autor Tristan Thielmann sieht den vorherrschenden Trend, Marken mit Emotionen „aufzuladen“, als großes Missverständnis an: „Als die Psychologie in die Werbung kam, wollte sie Argumente emotional verpacken, nicht ersetzen. Sie wollte die Käufer emotionalisieren, nicht aber Emotionen verkaufen. So entstand Emotion als Kommunikationsmittel.“ Thielmanns Rat: Die TV-Sender sollten sich im Design wieder auf die Kommunikationsinhalte besinnen, mit denen sie auch im Programm präsent sind.

Die Designerin und Geschäftsführerin der Agentur Bruce Dunlop & Associates München, Karin Furtmeier, ergänzt: „Die Branche hat sich sehr stark professionalisiert. In einem Umfeld, in dem die meisten Sender ähnliche Programme anbieten und somit die gleiche, breite Zielgruppe ansprechen, sind die kreativen Möglichkeiten begrenzt. Eine bestimmte Symbolik und Stilistik ist nun einmal etabliert.“

So steht zum Beispiel die Farbe Blau für eine gewisse Distanz, Sachlichkeit und Seriosität und ist insofern tonangebend in vielen Nachrichtensendungen. Zudem müsse sich jeder Sender „natürlich“ auch aktuellen Trends und dem Zeitgeschmack zu einem gewissen Grad anpassen. Für Furtmeier ist der Sender Vox beispielhaft für eine gelungene, „ganz klare“ Designsprache: reduziert, mit der Kugel als eindeutigem Keyvisual und einer unveränderten Farbgebung.

Viele in der Branche wünschen sich dennoch mehr kreative Vielfalt. Aber im aktuellen Verdrängungswettbewerb gehen die Verantwortlichen auf Nummer sicher. Die Vorgaben, die Agenturen von den verschiedenen Sendern erhalten, ähneln sich manchmal so sehr, dass sie teilweise schon beliebig austauschbar werden. Hoffnung für die Kreativen ist allerdings in Sicht: Spätestens mit der Digitalisierung und den entsprechenden Spartensendern wird es wieder mehr Freiraum für ungewöhnliche Ideen geben: Je klarer die Zielgruppe, desto spezieller und stringenter das Design. Das dürfte dann auch den Zuschauern wieder mehr Spaß machen.