Mehr Mehrwert

Nach der Union diskutieren nun die Grünen über eine höhere Mehrwertsteuer. Zur Senkung der Lohnkosten

BERLIN taz/dpa ■ Die Grünen-Spitze lehnt den Vorstoß führender Finanzpolitiker ihrer Partei ab, die Mehrwertsteuer gestaffelt zu erhöhen. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer glaubt, dass die Mehrheit beim Bundesparteitag im Juli seinem Vorschlag zustimmen wird. Im Programmentwurf ist keine Mehrwertsteuererhöhung vorgesehen.

Bütikofer sagte gestern, die geplanten Maßnahmen (wie die Bürgerversicherung) würden ausreichen, um die angestrebte Senkung der Nebenkosten zu finanzieren. Überzegt hat der Parteichef damit nicht. „Die Maßnahmen werden nicht dazu führen, dass die Leute mehr Geld in ihrem Portemonnaie haben“, sagte der grüne Finanzexperte Klaus Müller der taz. „Wenn man wirklich etwas tun will, muss man massiv umfinanzieren.“ Die einzig sinnvolle Möglichkeit dazu sei, die Mehrwertsteuer für bestimmte Güter wie Autos zu erhöhen und die für Lebensmittel unter 7 Prozent zu drücken. Das sei ökonomisch vernünftig und sozial gerecht. Rentner und Selbstständige zum Beispiel blieben dabei außen vor.

Neben dem schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten Müller sind auch die Fraktionschefin im Bundestag, Krista Sager, und die haushaltspolitische Sprecherin, Anja Hajduk, für die gestaffelte Erhöhung. Sie wollen nicht nur „kleine Schritte in die richtige Richtung“. Der Bundesvorstand fürchtet das politische Signal einer Erhöhung. Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte, dies wäre angesichts der schwachen Binnenkonjunktur nicht angebracht.

„Das ist ein legitimes Argument“, so Müller. Die Debatte wäre auch schwieriger, wenn die Union nicht das Feld dafür bereitet hätte. Doch man müsse ehrlich sein, man könne nicht immer nur Steuersenkungen versprechen. „Es ist richtig, die Mehrwertsteuer in die Hand zu nehmen – für eine ausschließliche Senkung der Lohnnebenkosten, vor allem im Niedriglohnbereich“, so Müller. Allzu strittig sei das auch nicht: „Das ist kein Herzensanliegen, das zerreißt die Grünen nicht.“ Im Übrigen bestreite auch Bütikofer nicht, dass es eine sinnvolle Debatte sei. „Es gibt keine schönen Lösungen mehr“, sagte Müller. Es gehe nur darum, wie „Zumutungen gerecht, fair und ökonomisch vernünftig“ verteilt würden. KBI