Das Schlusswort dauert 20 Minuten

Wenn es nach der Vertrauensfrage am 18. September Neuwahlen geben soll, ist ein strenger Fahrplan einzuhalten

Theoretisch könnte Schröder nach einer verlorenen Vertrauensfrage weiterregieren

BERLIN afp/rtr/taz ■ Binnen zwei Stunden soll am morgigen Freitag alles entschieden sein: Der Kanzler will am Freitagvormittag seine Vertrauensfrage stellen und begründen. Nach einer Debatte soll dann darüber im Bundestag abgestimmt werden. Für das Votum ist ein komplexer, vom Grundgesetz vorgegebener Prozess eingeleitet worden, der nach dem Willen aller Parteien am 18. September zu einer vorgezogenen Bundestagswahl führen soll.

Alles begann schon am Montag, als Schröder bei Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) den Antrag auf Vertrauensabstimmung stellte. Das Grundgesetz verlangt nämlich eine Frist von mindestens 48 Stunden zwischen Antrag und Abstimmung.

Vor dem Votum kommen die Fraktionen von SPD und Grünen am Freitag zu Sondersitzungen zusammen, um noch einmal sicherzustellen, dass die Abstimmung planmäßig verläuft. Damit wird auch die Bedeutung der Vertrauensabstimmung betont.

Die Bundestagssitzung, die letzte vor der Sommerpause, soll um 10 Uhr eröffnet werden. Schröder will zu Beginn sein Vorgehen politisch begründen und gegen verfassungsrechtliche Bedenken absichern. Nach seiner auf rund 20 Minuten angesetzten Erklärung wird es eine Debatte von etwas mehr als einer Stunde geben.

Für die SPD will Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering sprechen, für die Grünen Außenminister Joschka Fischer. Für die Union werden CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Landesgruppenchef Michael Glos reden, für die FDP soll der Parteivorsitzende Guido Westerwelle sprechen. Die eigentliche Vertrauensabstimmung wird für etwa 12 Uhr erwartet. Dabei sollen die Abgeordneten namentlich abstimmen.

Laut Artikel 68 des Grundgesetzes kann Schröder nach einer verlorenen Abstimmung Bundespräsident Horst Köhler die Auflösung des Bundestags und Neuwahlen vorschlagen. Auf das Wörtchen „kann“ kommt es dabei an, der Kanzler könnte theoretisch auch einfach weiterregieren. Wann er den Vorschlag macht, ohne den Köhler nicht aktiv werden kann, ist bislang unklar. Es wird aber erwartet, dass Schröder sich beeilen wird, da laut Grundgesetz am Tag nach der verlorenen Abstimmung eine Frist von 21 Tagen beginnt, in der der Bundespräsident sich entscheiden muss, ob es Neuwahlen gibt.

Das wäre der 22. Juli. Dieser Termin wäre allen Bundestagsparteien genehm. Sie streben an, dass am 18. September gewählt wird, ein Wochenende nach dem Ende der bayrischen Schulferien. Das Grundgesetz schreibt vor, dass die Wahl spätestens 60 Tage nach der Anordnung stattfinden muss. Würde Köhler also die Auflösung des Parlaments vor dem 20. Juli anordnen, könnte das die Planung der Parteien noch ziemlich durcheinander bringen. KAB