LESERINNENBRIEFE
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Zwischen Linken und Piraten

■ betr.: „Der Mut, Nein zu sagen“, taz vom 12. 6. 12

Der Artikel von Christian Ströbele sprach mir wie vielen anderen Grünen-Wählern aus der Seele. Viele schwanken sicher auch zwischen Linken und Piraten hin und her, weil sie sich schwer für die Grünen entscheiden können, wenn sie so wankelmütig sind. Es kommt darauf an, wie man was tut. Die Hoffnung stirbt zuletzt, nur ewig warten will ich auch nicht. BRIGITTE PAUL, Langen

Routine der Profis bereichern

■ betr.: „Lust und Liebe für den Beruf“, Leserbrief vom 12. 6. 12

Dass man die arbeitslos gewordenen Frauen nicht ungeprüft als Erzieherinnen einsetzen kann, leuchtet ein. Andererseits sollte man auch nicht alle als ungeeignet ansehen. Es gibt eine erfreuliche Erfahrung aus den 60er Jahren, Frauen wurden als Lehrerinnen angeworben und eingesetzt, die „Mikätzchen“, benannt nach dem damaligen Minister Mikatz in Düsseldorf. Viele erwiesen sich als gut und konnten dann nach einem Studium reguläre Lehrerinnen werden. Nach meiner begrenzten Erfahrung waren sie mindestens durchschnittlich qualifiziert. Sollte eine vergleichbar günstige Erfahrung mit ehemaligen Verkäuferinnen nicht möglich sein? Ungeeignete werden sich für einen solchen Berufswechsel nicht melden. Andere werden sich überfordert fühlen und aufgeben. Es werden aber mit Sicherheit etliche bleiben und sich bewähren. Denen sollte man eine vollwertige Ausbildung ermöglichen. Außenseiter können die Routine der Profis bereichern. WILFRIED MEYER, Odenthal

Bakterienkiller

■ betr.: „Klein, schnell, tödlich“, sonntaz vom 9./10. 6. 12

Zwei Seiten Frontbericht vom Kampf gegen Bakterien. Kaum vermerkt ist, dass es Kollateralschäden gibt. Neben dem Krankheitsauslöser werden auch alle übrigen bakteriellen Bewohner des Menschen umgebracht. Allein der Dickdarm eines Menschen enthält mehr Bakterien als die Erde Menschen trägt. Diese Bakterien sind unsere Mitbewohner seit Beginn der Evolution. Wir sind aufeinander abgestimmt. Bis 1.000 verschiedene Bakterienstämme schützen die Darmschleimhaut gegen den Zugriff von Schadkeimen oder helfen bei der Verdauung. Dieser Schutzmantel ist überlebenswichtig. Eine Verschiebung der Zusammensetzung dieser Bakterienschicht kann krank machen, wenn ein sonst harmloser Keim die Überhand gewinnt. Wurden Sie darauf hingewiesen, dass Sie sich nach einer Antibiotika-Therapie um die Wiederherstellung einer gesunden Darmflora kümmern müssen? Nirgends erwähnen Sie, dass nicht nur die multiresistenten Keime, sondern auch alle anderen durch den Einsatz von Antibiotika auf Resistenz ausgelesen werden.

Meist sitzt die verantwortliche Genfolge nicht auf der eigentlichen Erbsubstanz, sondern auf unabhängigen ringförmigen DNS-Molekülen. Diese können von fremden Bakterien aufgenommen werden: Das Resistenzgen bleibt nicht „in der Familie“, sondern sprengt die Grenzen der familiären Erbfolge. Diese „horizontale Vererbung“ macht den direkten Kampf gegen Krankheitskeime auf die Dauer aussichtslos. Es gibt jedoch verstärkt Bemühungen, die Zusammensetzung des „Mikrobioms“ der Darmflora zu studieren. Erste wirksame Ansätze zur Reparatur stark geschädigter Mikrobiome gibt es bereits. Wie in der ökologischen Landwirtschaft kann durch sinnvolle Kombination verschiedener Organismen die Gesundheit gefördert werden. WOLFGANG GERSTER, Braunfels