brief des tages
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Erneuter Sieg für Orbán

„Parlamentswahl in Ungarn: Frei, aber nicht fair“, taz vom 4. 4. 22

Das Ziel der kleinen Oppositionspartei MKKP heißt: Veränderung durch Satire, Kunst und Kritik. Mit deutscher Überheblichkeit könnte man sagen, dass es sich um den ungarischen Ableger von Die Partei handelt. Die MKKP karikiert die (steuerfinanzierte) Plakatpropaganda der Regierung, organisiert Hilfe für Geflüchtete und stellt sogar eine stellvertretende Stadtteilbürgermeisterin in Budapest. Gelebter Protest statt hoher Mandate! Dies scheint auch nach dem erneuten Sieg von Orbán die bessere Strategie: Weder das Oppositionsbündnis noch die MKKP konnten große Gewinne verzeichnen. Stattdessen: Einzug der Rechtsextremen Hazánk ins Parlament und die Mehrheit für Orbáns Fidesz … Dabei standen die Chancen auf einen Politikwechsel nie so gut! Die Opposition geeint, die Wirtschaft in der Krise, Orbáns Freund Putin im Krieg. Da die Medien mehrheitlich in Regierungshand sind, ist es allerdings fraglich, ob davon überhaupt etwas zu den Wäh­le­r:in­nen durchgedrungen ist. Die Wahl stellt aber auch eine Zäsur für die EU dar. Orbán wird weiter an seiner Autokratie basteln und leuchtet den Weg für alle anderen Demokratiefeinde in Europa. Philipp Niese, Leipzig