… die Anti-Atom-Bewegung?
: Polen beeindrucken

Es war ein kleiner Schritt für sie, ein großer Schritt für die Nachbarn: Aus der hübschen Anti-Atom-Demo vom letzten Wochenende in Berlin wird jetzt transnationale Nachbarschaftshilfe: Im beschaulichen Gryfino an der deutsch-polnischen Grenze macht der Bürgermeister der Stadt, Henryk Pilat, den BerlinerInnen eine Freude: In der polnischen Stadt zwischen Schwedt und Stettin erwägt die polnische Regierung, ein Atomkraftwerk zu bauen, das im Schadensfall Berlin ganz locker verstrahlen könnte – gerade mal 100 Kilometer Luftlinie ist Gryfino von Berlin entfernt.

Weil die deutschen AtomkraftgegnerInnen aber am Samstag so fleißig demonstriert haben, sagte Gryfinos Bürgermeister laut Märkischer Oderzeitung jetzt: „Angesichts der heftigen Proteste macht es keinen Sinn, weiter darüber nachzudenken.“ Die Demonstration vom vergangenen Wochenende in Berlin habe ihn besonders beeindruckt, sagte Pilat. Über diese beeindruckende Beeindruckung strahlen sicher auch Berlins Nachbarn in Gryfino. Also: Gut für die, gut für wir, gut für alle.

Wäääääääääääääre die Welt nicht so komplex: Denn trotz Berliner, Gryfinoer und allerhand anderer Entschlossenheiten möchte die böse Region Westpommern, in der Gryfino liegt, dennoch weiter ein Kernkraftwerk bauen und nun bei den Nachbarn unserer Nachbarn anklopfen: Denn, so heißt es in der Oderzeitung, für ein neues Kernkraftwerk käme auch die Stadt Chociwel in Frage. Die liegt nur ein paar Meter weiter gen Osten – und könnte im Ernstfall Berlin, Gryfino und Chociwel noch immer gut mit Strahlen versorgen. Heißt auf Deutsch: Da müssen Protestierer, Protestanten und Verwandte noch mal ran. Aber so ist das ja mit kleinen Störfeuern: Sie strahlen langsam weiter. MK Foto: ap