Lkw-Maut-Geld fließt

VON KATHARINA KOUFEN

Kurz vor der Sommerpause durfte Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) eine gute Nachricht verkünden: „Das Projekt Lkw-Maut steht“, so Stolpe gestern sichtlich zufrieden. Die Einnahmen fließen wie erwartet. Im ersten halben Jahr seit der Einführung hätte die Maut 1,4 Milliarden Euro gebracht, das entspricht 11 Milliarden gefahrenen Kilometern. Stolpe ist zuversichtlich, dass er bis Jahresende 3 Milliarden Euro einnimmt.

Auch gehe die Zahl der „Mautpreller“ kontinuierlich zurück, berichtete der Minister. Die Quote sei auf unter 2 Prozent gesunken – sowohl bei Inländern wie bei Ausländern.

Weil immer wieder Kritik laut wird, die Autobahnmaut habe zu mehr Lkw-Verkehr auf Ausweichstrecken geführt, will das Ministerium hier nachbessern. Ab 2006 sollen auch Bundesstraßen mautpflichtig werden, die „parallel zu den Autobahnen verlaufen, gut ausgebaut sind und wo nachweislich Maut-Ausweichler fahren“, sagte Stolpe. Er habe 12 bis 15 Strecken im Auge. Damit Bundesstraßen erfasst werden können, ist eine neue Software-Version für die Bordcomputer der Lkws nötig, die ab Mitte Juli zur Verfügung stehen soll. Viele Beschwerden haben laut Stolpe allerdings mit dem „insgesamt gestiegenen Lkw-Verkehr“ zu tun sowie mit der Sensibilisierung seit Einführung der Maut.

Ein Einschätzung, die der Verkehrsclub Deutschland beispielsweise nicht teilt. Der Verband hatte Mitte März Betroffene dazu aufgerufen, Straßen mit gestiegenem Lkw-Aufkommen zu melden. „Die inzwischen 1.300 eingegangenen Rückmeldungen zeigen, dass mindestens 35 Bundesstraßen sowie 17 Landes- und Kreisstraßen betroffen sind“, meint Sprecher Daniel Kluge. Auch die Süddeutsche Zeitung kam nach einer Umfrage zu dem Ergebnis, auf mindestens 38 stark befahrenen Bundesstraßen sollte die Maut erhoben werden.

Es ist noch nicht lange her, da konnte der Verkehrsminister seinen Unmut kaum unterdrücken, wenn er vom „Projekt Maut“ sprach. Geplant eigentlich für August 2003, scheiterte ihre Einführung immer wieder an technischen Problemen. Die Unfähigkeit des Betreiberkonsortiums, bestehend im Wesentlichen aus den namhaften deutschen Firmen Siemens und Telekom, ihr besonders hoch technologisiertes System zum Funktionieren zu bringen, erreichte zum Schluss höchste Peinlichkeitsstufe. Es gestaltete sich viel schwieriger als erwartet, das dichte deutsche Autobahnnetz flächendeckend mit Mautbrücken und gleichzeitig alle Lkws mit kleinen Bordcomputern auszustatten.

Stolpe betonte daher gestern auch, die Bundesregierung bleibe bei ihren Schadensersatzforderungen. 4,5 Milliarden Euro Entschädigung verlangt sie von Toll Collect. Stolpe: „Das Schiedsverfahren läuft.“

Der Chef von Toll Collect, Christoph Bellmer, verwies lieber auf die „Interessenten im Ausland“, die an einer Einführung des deutschen Mautsystems interessiert seien. So sei Toll Collect bei der Ausschreibung in Großbritannien dabei, in Tschechien werde man teilnehmen, nachdem gerade die Bedingungen ausgeschrieben worden seien. Auch die Benelux-Länder, Ungarn, die Slowakei, die USA, Russland und China hätten Interesse angemeldet. Bellmer ist sich sicher: „In so großen Ländern gibt es auf Dauer gar keine Alternative.“ Am Export des Systems würde auch die Bundesregierung verdienen. Über die genaue finanzielle Beteiligung kündigte Stolpe gestern Gespräche an.

Die Einnahmen aus der Lkw-Maut sollen vor allem in den Ausbau von „Staustellen“ auf den Autobahnen fließen sowie in die Verbindungen nach Osteuropa, etwa in die A 17 zwischen Dresden und Prag. Darüber hinaus wird auch in das Bahn-Schienennetz und in die Vergrößerung der deutschen Seehäfen investiert. Konkrete Zahlen wollte Stolpe jedoch nicht nennen.

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