meinungsstark
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Völkerfreundschaft muss überleben!

Sehr geehrter Herr Präsident Putin, zwischen Russland und Deutschland bestehen derzeit circa 100 Städtepartnerschaften. Die engen Verbindungen zwischen unseren Völkern, historisch belegt, sind insbesondere nach Beendigung des ‚Kalten Krieges‘ stark gewachsen; Vorbehalte wurden überwunden, Freundschaften entstanden, wirtschaftliche Beziehungen entwickelten sich. Die Völkerverständigung sowie die ganze Zusammenarbeit der auf Freundschaft gerichteten letzten 35 Jahre werden durch die Invasion russischen Militärs in die ­Ukraine mit einem Schlag konterkariert und teilweise zunichte gemacht. Wir protestieren entschieden gegen diesen Weg und wir sehen sehr deutlich, dass dies nicht nur ein regionaler Konflikt ist. Auch wir sind über unsere Städtepartnerschaft direkt betroffen, und im Grunde wird durch die Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen die gesamte Menschheit involviert. Ein Atomkrieg ist nicht zu begrenzen, nicht zu gewinnen und zerstört unwiederbringlich unser aller Lebensgrundlagen. Sehr geehrter Herr Präsident Putin, lassen Sie es nicht so weit kommen, kehren Sie um. Krieg ist keine Lösung. Das Leid, das er mit sich bringt, hat gerade das russische Volk zutiefst erlitten und verinnerlicht. Gerade als Deutsche, die für die Gräueltaten im zweiten Weltkrieg hauptverantwortlich sind, bitten wir Sie aus dem Inneren unserer Herzen: Gehen Sie nicht diesen Weg des Krieges, des Leids und der Vernichtung für uns alle. Zukünftiges menschliches Leben auf diesem Planeten soll weiterhin möglich bleiben. Wir hoffen, dass dieser Brief Sie erreicht und die deutsch-russische Freundschaft diesen Krieg übersteht.

Rita Boele im Namen des Freundeskreises Witten–Kursk

Wir töten … in Liebe!

„Mythos Liebe“, taz vom 7./8. 3. 22

Ihr schafft es doch tatsächlich, auf Seite 23 eine Anzeige der Bundeswehr zur Anwerbung von Frauen* abzudrucken: „Ich kämpfe für mein Land und gegen Vorurteile“. Wiederholt wurde die taz für ihre Bundeswehr-Anzeigen kritisiert. Gruselig genug, dass diese weichgespülten, pseudogleichberechtigten, militaristischen Anzeigen im Großformat in Straßen auf Plakatwänden zu sehen sind und in Schulen im Rahmen der Berufsfindung so beworben werden: Frauen* kommt, die Gleichberechtigung beinhaltet auch das Tötenlernendürfen – „für euer Land“. Dies ausgerechnet auch noch am internationalen Frau­en*­kampf­tag in der taz?! Ist das euer Verständnis von Frauen*kampf?

Zahllose Kriege weltweit, gegenwärtig Krieg in Europa und Frauen* sollen nun aktiv in das Heer der Tötungsmaschinerien einsteigen, dort aufsteigen, Karriere machen? Wie wohl lernt die Sol­da­t*in mit der militaristischen machistischen Vernichtungs-Prämisse „kill and rape“ auf ihrer Karriereleiter umzugehen und mit dem brutalen Fakt, dass Frauen* in Kriegen immer auch wie „zu besetzendes Land“ (durch Vergewaltigungen, Folter, Verstümmelungen) behandelt werden – ob Sol­da­t*in oder nicht? Ist es nicht Aufgabe und Verantwortung aller Menschen, in allen Ländern weltweit, aktiv und ununterbrochen allen Macht-, Ausbeutungs-, Unterdrückungsstrukturen und Systemen die Spiegel vorzuhalten, die Spiralen von Rüstung und Machtinteressen zu durchbrechen, andere Wege des komplexen Zusammenlebens (No border! No nation!) zu erarbeiten, zu gestalten und weiterzuentwickeln statt das Töten professionell zu erlernen? Dafür steht der Internationale Frauen*kampftag!

Tucholsky muss für die Neuzeit umgeschrieben werden: Auch Sol­da­t*in­nen sind Mörder*innen. Jede Frau*, die sich oder andere versucht vor Femiziden zu schützen, die tags wie nachts gegen alle vernichtenden Gewaltformen kämpft, diese benennt und entlarvt, macht das, „was wirklich zählt“! Frauen*, die zu Waffen greifen müssen, tun dies nicht, um Karriere zu machen, sondern um an unterschiedlichen Orten dieser Welt zu überleben und/oder für ein besseres, humaneres, gerechteres, sozialeres, solidarischeres, transnationales Zusammenleben aller zu kämpfen. Das gehört in die taz für den 8. März 2022 – und an jedem anderen Tag im Jahr. Und nicht: Auch Sol­da­t*in­nen dürfen morden, unter dem „Mythos (Mutterlands)liebe“. Kathy Czaja, Düsseldorf