meinungsstark
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Auf „altes Denken“ zurückgeworfen

„Worte reichen einfach nicht“, taz vom 25. 2. 22

Mit Worten ist der willentlichen Zerstörung staatlichen Miteinanders nicht beizukommen. Und mit Taten? Welcher Art? Wir leben in einer Welt der Gleichgewichte und stetiger Veränderung zugleich. Ein Denken in Entweder/Oder, gar Gut und Böse, trägt nicht mehr. Das haben grundsätzlich die Klimaforschung und 1928 erst/schon die Kontinentalverschiebung gezeigt. Gleichgewichtsverschiebungen erfolgen langsam, bauen sich gemächlich auf. Kriege sind wie Kipppunkte. Wenn Putin die Atomstreitkräfte mobilisiert, nähern wir uns Kipppunkten. Durch den Überfall auf die Ukraine sind wir auf „altes Denken“ zurückgeworfen. Sehr altes Denken, belegt durch Kriege, die die Gesichtsschreibung prägten (und belegt durch Militärhistoriker, von Thukydides bis von Clausewitz, die ja zur Kulturgeschichte gehören). Kriege, die immer Vergeudung von Mitteln bedeuteten. Es erstaunt, dass die auf Effizienz getrimmten westlichen Gesellschaften, im Vergleich zu Russland, so ineffizient im Wehrbereich sind. 200 Milliarden werden von den Nato Staaten ohne die USA jährlich aufgebracht. Wie viel kann das wirtschaftlich schwach eingeschätzte Russland aufbringen? Sollen die zusätzlich zugesagten jährlichen circa 20 Milliarden der Bundesregierung den Unterschied ausmachen? Mittel, die nach Corona und zunehmenden Klimaschäden bei der Zurückdrängung des Klimawandels fehlen könnten. Der Vertreter Bangladeschs hat bei der Münchner Sicherheitskonferenz danach gefragt. Vom Wohlstandsverlust der in arm/reich gespaltenen Weltgesellschaften noch zu schweigen. Oligarchen beeinflussen nicht nur in der ehemaligen Sowjetunion den Gang der Dinge.

Klaus Warzecha, Wiesbaden

Energiewende aufgehoben?

„Deutschland rüstet auf“, taz vom 27. 2. 22

Was sollen 100 Milliarden für die Bundeswehr bewirken? Gegen eine Atommacht hilft konventionelle Aufrüstung nicht. Wenn eine Abschreckung erzielt werden soll, müsste man eine Atomwaffe schaffen, die jeden Gegner zu 100 Prozent auslöschen kann. Will Deutschland das? Kann Deutschland das?

Diese 100 Milliarden, die zu großen Teilen eh in dubiosen Kanälen versickern werden, sind völlig sinnlos verpulvert! Abgesehen davon, dass wir für unser Überleben ohnehin alles tun müssen, jetzt sehr, sehr schnell in Sachen Energiewende nachzuholen, was in den letzten 40 Jahren unterlassen wurde, haben wir durch die Sabotage der Energiewende auch Despoten und Diktatoren, die in der Regel fossile Rohstoffe liefern, Milliarden in die Kassen gespült, mit denen diese aufrüsten konnten. Blanke Wut über die kernkorrupte Union, die FDP und auch die SPD, die in den letzten Jahrzehnten die Energiewende sabotiert haben, weil die fossilen Konzerne so schön gespendet, lobbyiert und geschmiert haben.

Stefan Bluemer, Essen

Unsägliche Machtgeschichten

„Düstere Perspektiven“, taz vom 25. 2. 22

Ich bin nicht persönlich betroffen von diesem Krieg. Ich bin keine Ukrainerin, habe keine Verwandten und Bekannten in der Ukraine. Mein Vater kämpfte vor 80 Jahren über zwei Jahre lang als Angehöriger der Wehrmacht gegen die Menschen in der Ukraine. Trotz meiner Nachforschungen weiß ich bis heute nicht, an welchen Verbrechen er beteiligt war. Was er diesen Menschen angetan hat, deren Kinder und Kindeskinder auch heute wieder getroffen werden. Über allem lag und liegt in vielen deutschen Familien Schweigen. Auch in meiner. Ich bin mit diesem kriegsversehrten und traumatisierten Vater in einem Haushalt aufgewachsen. Ich weiß, was der Krieg mit den Seelen der Menschen macht. Auch die der Kinder. Noch Jahre nachdem er vorbei ist. Es macht mich unendlich traurig. Meine Tränen und mein Mitgefühl sind bei den Menschen der Ukraine, bei all den Kindern, den Frauen und Männern, die heute wieder die Leidtragenden sind. Die Leidtragenden dieser unsäglichen Machtgeschichten, die alles zermahlen, was unter ihre Räder kommt.

Dorit Milkau, Albstadt