Podcastkritik „schon gehört?“: Verstehen statt angreifen
Geht es um Alltagsrassismus, wird die Diskussion schnell hitzig. Der Podcast „Schwarzweiss“ arbeitet die Nuancen des Problems heraus.
Viele Diskussionen rund um das Thema Rassismus sind geprägt von Wut und gegenseitigem Unverständnis. Hört man den Podcast „Schwarzweiss“, in dem eine weiße und eine Schwarze Frau über Alltagsrassismus diskutieren, könnte man erst denken, auch hier bauen sich zwei Gegenpole auf. Doch wer ein Streitgespräch erwartet, liegt falsch. Verstehen statt angreifen, heißt es hier. In versöhnlicher Manier werden die Nuancen des Alltagsrassismus herausgearbeitet.
In 20-minütigen Folgen klären die Pädagogin Florence Brokowski-Shekete und die Journalistin Marion Kuchenny nachdenklich und reflektiert über Nischenthemen in der Debatte auf. Die kompakten Folgen haben eine gute Länge, um gerade Einsteiger:innen ins Thema einzuführen. In der ersten Folge geht es um Begriffe wie „Schwarzfahren“ oder „Schwarzmalerei“. Und die Frage: Ist es rassistisch, diese Begriffe zu verwenden?
Die gesellschaftlichen Feinheiten rund um diese Wörter werden unaufgeregt durchdacht. Dabei gleiten die Moderatorinnen reibungslos von sprachlichen Ursprüngen zu gegenwärtigen Diskussionen über. Sie dekonstruieren dabei die gesellschaftliche Vorstellung von Hautfarben und erklären auch den Unterschied zwischen dem Begriff der Farbe schwarz und „Schwarz“ als Eigenbezeichnung.
Wie viel Kompromiss ist möglich?
Am Ende kommen sie zu dem Schluss, dass Sprache zwar ein wichtiger Aspekt ist, aber auch nicht alles: „Man streicht ja nicht einfach ein Wort und dann ist eine Haltung dahinter gestrichen. Das ist ein Prozess“, sagt Brokowski-Shekete. Sie unterstreicht zugleich, dass sie als Schwarze Frau niemals für alle Schwarzen Menschen sprechen kann.
„Schwarzweiss“ kann bei gängigen Streamingdiensten gehört werden. Jeden Donnerstag erscheint eine neue Folge.
Aus all diesen Zwischentönen ergibt sich ein feinfühliger Podcast. Der Grundtenor ist stets verständnisvoll. Das passt zum Ziel der Moderator:innen, keine Schuldzuweisungen zu formulieren. So manche:r Zuhörer:in mag sich aber fragen, ob der Ton nicht zu versöhnlich ist.
Etwa als es um die Frage geht, ob nicht auch Betroffene geduldig sein müssen, wenn die Gegenseite sich ihre Sprache und Einstellungen umgewöhnt. Es ist gut, dass das von einer Betroffenen besprochen wird. Das führt zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit Kompromissen und der Frage, wie weit diese gehen sollten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja