Prinzip Hoffnung

LINKS Die Syriza-Partei erreichte zunächst knapp 30 Prozent. Nichts halbes, nichts Ganzes

Tsipras konnte auch diesmal einen Großteil der Pasok-Wähler gewinnen

ATHEN taz | „Die Hoffnung ist stärker als die Angst“ hämmerte Tsipras den Wählern seit Wochen ein und hatte damit einigen Erfolg: Die Angst vieler Griechen, aus dem Euro gedrängt zu werden, war stark, doch auch ihre Verzweiflung und die Hoffnung, dass der Sparkurs aufhört oder zumindest neu verhandelt wird, trieb viele Unterstützer seiner Syriza-Partei an die Urnen.

Selbst die Pleite-Drohungen der konservativen „Nea Dimokratia“ und der sozialistischen Partei Pasok konnten die Wähler nicht mehr abschrecken. Nach Ansicht von Wahlexperten hat Tsipras auch an diesem Sonntag einen Großteil der Pasok-Wähler für sich gewinnen können und dadurch die einst allmächtigen Sozialisten in die schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt. Es war eine späte Rache der Geschichte, denn seit der Wiedereinführung der Demokratie in Griechenland 1974 hat die Pasok auf kleinere Linksparteien verächtlich herabgeguckt.

Doch jetzt steht die Linkspartei erst einmal selbst vor der schwierigen Frage „Wer mit wem“ und macht sich Gedanken über ihr eigenes Kabinett. Eine Koalition mit der orthodoxen Kommunistischen Partei Griechenland (KKE), die für eine marxistische Wirtschaftsordnung plädiert und den Austritt des Landes aus der EU fordert, ist so gut wie ausgeschlossen. Wahrscheinlicher wäre, dass sich die Linkspartei mit der sozialdemokratisch angehauchten „Demokratischen Linke“ des angesehenen Anwalts Fotis Kouvelis zusammentut. Dies würde jedoch voraussetzen, dass die beiden Parteichefs ihre persönliche Differenzen beiseite legen, die aus einer Zeit stammen, als sie sich im Linksbündnis Synaspismos (“Koalition“), der Vorgängerpartei von Syriza, gegenüberstanden.

Wie auch immer: Als Wirtschaftsminister in einer Linksregierung wird vor allem der in London studierte Ökonom Jannis Dragasakis gehandelt, der dem gemäßigten Parteiflügel zugerechnet wird und im Wahlkampf nie müde wurde zu beteuern, Griechenland müsse im Euro bleiben. In Betracht käme aber auch der Athener Wirtschaftsprofessor Kostas Lapavitsas, der seit Ausbruch der Schuldenkrise mit dem Euro-Austritt sympathisiert. Oder der in den USA lebende Ökonom Jannis Varoufakis, der für eine halte Haltung gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel plädiert. „Jeder ökonomisch gebildeter Mensch würde das Wirtschaftsprogramm von Syriza für vernünftig halten“ erklärte Varoufakis.

Zu den führenden Köpfen gehört auch der smarte Ingenieur Dimitris Papadimoulis, der als Innenminister im Gespräch ist. Der ehemalige Europaabgeordnete wird dem gemäßigten Parteiflügel zugerechnet und dürfte die Kassandras beruhigen, die gebetsmühlenartig beteuern, ein Wahlsieg der Linkspartei stelle die demokratische Ordnung in Griechenland auf den Kopf. J.P.