Ein tabuloser Populist

betr.: „Wir werden dringend benötigt“, Interview mit Oskar Lafontaine, taz vom 28. 6. 05

Mein erster Gedanke beim Blick auf die eine Seite mit dem Lafontaine-Interview war: typisch taz, Fischer hat zwei Seiten bekommen. Doch ich muss mein vorschnelles Urteil korrigieren. es reicht eine Seite, um Lafontaine als tabulosen Populisten zu entlarven.

Die Rechtfertigung für seinen Bild-Zeitungs-Populismus in Sachen Folterandrohung zeigt, wes „Geistes Kind“ der Herr ist. Und dann sein: „Jeder hat uns auf seiner Seite, der Hartz IV für absurd hält“. Gilt das also auch für Nationalisten und andere Ewiggestrige? Um sein Ziel, drittstärkste Kraft im neuen Bundestag zu werden, zu erreichen, ist der Häuptling der Linkspartei anscheinend zu allem bereit. UWE TÜNNERMANN, Lemgo

Bezeichnenderweise bleibt Oskar Lafontaine die Antwort auf die Frage, was eine neue „Linkspartei“ im Bundestag tun würde, schuldig. Konkrete politische Maßnahmen oder Sachargumente, die er seinen politischen Gegnern abspricht, sucht man im Interview vergebens. Stattdessen verkündet Oskar Lafontaine – wenn auch etwas eleganter formuliert – die alte Mär von den Ausländern, die uns die Arbeitsplätze wegnehmen. Der eigentliche Skandal besteht jedoch in seinen Äußerungen zur Folter. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes – auch die Würde eines „feststehenden Täters“. Wer wie Oskar Lafontaine dieses grundlegende Prinzip unseres Rechtsstaates als „von der großen Mehrheit des Volkes … abgelehnte Prinzipienreiterei“ abtut, entlarvt sich selbst: als zynischer Populist – unabhängig davon, ob „links“ oder „rechts“.

PATRICK KOPISCHKE, Köln