In der Schmiergeldaffäre verhält sich die VW-Spitze vorbildlich
: Keine Angst vor der Börsenpanik

Schon wabern die Gerüchte: Vielleicht war ja auch Personalchef Peter Hartz in die Schmiergeldaffäre bei VW verwickelt? Und was ist mit IG-Metall-Chef Peters? Bizarre Verschwörungstheorien sprießen. Man kann verstehen, dass Medien gern den Eindruck erzeugen, als würden sie investigativen Journalismus betreiben und detektivische Aufklärung leisten. Nur leider hat dies überhaupt nichts mit den Tatsachen zu tun.

Diesmal ging die Initiative nicht von außen aus – VW selbst hat den Betrug zweier Mitarbeiter entdeckt. Der Konzern informierte die Staatsanwaltschaft – nicht umgekehrt. Inzwischen hat VW auch noch externe Wirtschaftsprüfer eingeschaltet. Mit dieser Transparenzoffensive verhält sich der Konzern vorbildlich. Denn es ist keineswegs selbstverständlich, dass Firmen Korruptionsvergehen melden. Die meisten Betriebe kündigen den schuldigen Angestellten heimlich und versuchen krampfhaft, Imageschäden zu vermeiden.

Panisch fürchten die Firmen die Panik der Börsianer. Das lässt sich verstehen, wenn man die Kursentwicklung bei VW betrachtet: Kaum hatten die Anleger von der Schmiergeldaffäre gehört, da sank auch schon der Aktienwert. Damit agierten die Börsianer unprofessionell. Indem sie VW abstraften, taten sie so, als sei Wirtschaftskriminalität ein seltenes Vergehen. Doch gilt das Gegenteil: Fast alle Firmen mussten schon erleben, dass sich ihre Mitarbeiter illegal bereichert haben.

Diese grassierende Korruption lässt sich nur bekämpfen, indem die Betriebe nicht schweigen und die Schuldigen heimlich mit Abfindungen entsorgen. Das wirkt irritierend unentschlossen und ermutigt Nachahmer auch noch. Transparency International weist immer wieder darauf hin, dass sich Täter nur abschrecken lassen, wenn sie die öffentliche Schande und die Strafverfolgung der Staatsanwaltschaften fürchten müssen. Insofern war es nur konsequent, dass die Börsianer VW nach einem Tag Denkpause gestern dann doch noch mit einem Kurssprung honorierten – denn langfristig wird sich die Transparenzoffensive von VW für die Anleger lohnen. ULRIKE HERRMANN