„Er hatte eine Schaffens­krise“

Ein Musical von Sting –über sterbende Werften: Regisseur Malte Lachmann über ,,The Last Ship“

Foto: Stefan Loeber

Malte Lachmann

32, Theater­regisseur, hat 2020 in Lübeck Joshua Sobols „Ghetto“ inszeniert.

Interview Lenard Brar Manthey Rojas

taz: Herr Lachmann,The Last Ship“ handelt von einer Werftschließung in einer englischen Kleinstadt. Wie gelangt dieses Sting-Musical nach Lübeck?

Malte Lachmann: Die Leitung des Theaters und ich haben sich schon länger mit dem Stoff beschäftigt. Vor zwei Jahren kam das Thema wieder auf den Tisch und ich dachte: Das ist das Stück der Stunde. Etwas in Lübeck zum Thema Geschäftsschließungen zu machen und dann noch mit einem Stück, das am Meer in einer Stadt mit einem Hafen und einer Werft spielt – genial!

Was erwartet nun das Publikum?

Natürlich ein großes Musical mit Live-Musik. Mit Mu­si­ke­r*in­nen im Graben, Schau­spie­le­r*in­nen auf der Bühne in einem riesigen Bühnenbild. Inhaltlich eine Abarbeitung der Frage: Was machen wir eigentlich, wenn uns durch Geschäftsschließung nicht nur die ökonomische Lebensgrundlage entzogen ist, sondern auch der Identifikationsfaktor im Leben? Gerade in Deutschland ist es doch so, dass man auf die Frage ,,Was machst du so?“ mit dem Beruf antwortet. Nicht erst seit Corona sind Lebensläufe fragmentarischer geworden, Menschen werden aus Kontexten herausgerissen. Wie gehen wir als gesamte Gesellschaft damit um? Diese Frage stellen wir uns.

Haben Sie persönlich eine Beziehung zu Stings Musik?

Ich habe mein ganzes Leben lang Sting gehört, aber es gibt bestimmt Menschen, die mehr Fan sind als ich. Dezidiert habe ich mich mit dieser Musik erst zur Vorbereitung dieses Projektes beschäftigt. Dann habe ich gemerkt, dass es ganz anders ist als Musical-Projekte anderer Musiker und Musikerinnen.

Inwiefern?

Premiere: Freitag, 11. 2., 18.30 Uhr, Theater Lübeck.

Weitere Termine und Infos: www.theater­luebeck.de

Das sind ja meistens Jukebox-Musicals: irgendwelche Best-of-Hits, die man mit einer seichten Geschichte vermischt, um einen Bühnenstoff zu haben. Bei Sting ist es anders. Er hatte eine Schaffenskrise und hat sich gefragt, wie er die überwinden kann. In dieser Zeit hat er sich mit seiner Heimatstadt beschäftigt, Wallsend in der Nähe von Newcastle. Daraus ist dieses Musical entstanden. Man merkt an jeder Note und jeder geschriebenen Zeile, dass es ihm ein Anliegen ist, etwas über die Menschen in Nordengland in dieser Situation einer Werftschließung zu erzählen.

Bietet sich Lübeck für diese Thematik besonders an?

Hier gab und gibt es Werften. Und durch den Hafen kennt man dieses Gefühl, wenn ein riesiges Schiff einläuft und wieder wegfährt. Derzeit lebe ich noch in München, da wäre das eine viel abstraktere Betrachtung gewesen. Sting scheint dieses Gefühl ganz wichtig zu sein, am Ende der Welt zu stehen: da, wo die Welt aufhört und das Meer bis in die Unendlichkeit anfängt. Dort hört man das Klirren der Ketten und das Zerbrechen von Holz. Ich denke, dieses Gefühl kennt man in Lübeck auch.