Wird Kito zum Kulturstatthalter geadelt?

Die Bremen-Norder Wirtschaftsleute haben nun einen eigenen Vorschlag für die Behebung der kulturpolitischen Dauermisere vor ihrer Haustür erarbeitet: Das Veranstaltungszentrum Kito soll künftig die gesamte Kulturarbeit übernehmen

Bremen taz ■ Als kulturpolitische Baustelle hat Bremen-Nord derzeit größere Dringlichkeit als die Reorganisation der Bremer Kulturverwaltung. Jetzt hat die lokale Wirtschaft selbst die Initiative übernommen und ein Konzept zur Neugliederung der Kulturszene im Norden erarbeitet.

Der Moment scheint günstig: Mit Jörg Kastendiek (CDU) sitzt seit kurzem einer der ihren auf dem Sessel der Kultursenators: Der gelernte Betonstahlbauer ist Mitglied im Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord. Am Freitag unterbreitete ihm die Unternehmerinitiative, der unter anderem Werftchef Lürssen und die Sparkasse angehören, ihren Vorschlag.

Die Grundidee: Kito, Overbeck-Stiftung und Kulturbahnhof (Kuba) werden vollständig zusammengefasst, und zwar unter Führung des Kito. Dessen Vorstand scheint naturgemäß nicht abgeneigt, zumal das Kito vor zwei Jahren noch aus der institutionellen Förderung durch das Kulturressort herausfallen sollte. Auf Betreiben des neuen Kito-Vorsitzenden Volker Kolz wurden die Unternehmerpläne noch dahingehend modifiziert, dass das ursprünglich einbezogene Gustav-Heinemann-Bürgerhaus aus dem neu zu schaffenden Kulturblock heraus gekegelt worden ist. Dass es nicht in der gleichen „Kulturliga“ zu spielen habe wie Kito und Kuba, gehört zu den Konstanten des Bemen-Norder Kulturgepolters.

Mit ihrer aktuellen Initiative machen die Nord-Unternehmer nun eine neue Front in der bisherigen Gemengelage auf: Sie übergehen bewusst den vom Kulturressort zum „Moderator“ des Klärungsprozesses bestimmten Rechtsanwalts Axel Adamietz. Als Notvorstand des insolventen Kulturvereins Kuba und als Interimschef des Bürgerhauses managt er bereits einen erheblichen Teil des örtlichen Kulturgeschehens. Seine – offiziell noch nicht vorgestellte – Vision für den Norden scheint eine andere als die der Unternehmer: Zwar solle eine gemeinsame kaufmännische Geschäftsführung alle drei Häuser verwalten, diese behielten jedoch ihre jeweiligen (bewährten) Programmmacher. Den Selbständigkeits- und legitimen Profilbedürfnissen der Vereine käme das entgegen.

Zwar wird nun ohne Adamietz (FDP) agiert, dafür tauchen andere Akteure des langjährigen Geschehens wieder auf. Volker Plagemann (SPD), einst Berater des Kultursenators für Bremen-Norder Angelegenheiten, wird nun von Kito-Vorstand Kolz als „persönlicher Berater“ vorgestellt. Plagemann hatte die Einrichtung einer gemeinsamen „Facility Management GmbH“ vorgeschlagen, dann aber den Wechsel der Kultursenatoren Perschau und Gloystein politisch nicht überlebt. Damit war auch die Schaffung von „Kulturbeirat“ und „Kulturforum“ vom Tisch.

Die jetzige Wirtschaftsinitiative ist im Prinzip die Umkehr der zuvor von Ex-Kuba-Vorstand Udo von Stebut anvisierten Übernahme des Kito. Die Folge dieses losgetretenen Machtkampfes ist allerdings wenig überzeugend: Er mündete im Wachkoma des mit großen Hoffnungen (und erheblichen finanziellen Mitteln) ausgebauten Kulturbahnhofs. Derzeit läuft dort nur sporadisches Vermietgeschäft statt ambitionierter Eigenproduktionen.

Eine offizielle Stellungnahme des Kultursenators zu den Plänen der Unternehmerinitiative steht noch aus. Bekannt wurde unterdessen, dass sie einen versierten Vertreter der Bremer Netzwerkarbeit als Mitstreiter gewinnen konnte: Exwirtschaftsstaatsrat Frank Haller, Chef des jetzt privatisierten BAW Instituts für Wirtschaftsforschung. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er in Kürze ein Gutachten vorlegen, aus dem zwingend das Kito als künftiger Gesamtträger von Bremen-Norder Kultur hervorgeht. HB