berliner szenen In der gelben Villa

Umgestülptes Zasterland

„Gelbe Villa“ klingt toll. Unter einer gelben Villa stellt man sich alles Lindgrenmögliche vor, nur nicht unbedingt das: ein Haus aus der dunklen Ära der bundesdeutschen Architektur, ein Haus, das mit denkbar fiesen Kacheln umkleidet ist. Also das, was ein „nach außen gestülptes Badezimmer“ genannt wird. Irgendwo hat dieses Haus auch etwas Gelbes an sich, ein paar Fahnenstangen im Vorgarten, ein paar Fensterrahmen, und weil dieses Haus eines für Kinder ist, hat man es „Gelbe Villa“ getauft.

In dieser Villa finden so genannte Projektwochen statt, die von Kindern und Jugendlichen nahezu kostenfrei bestritten werden können, und am Ende einer solchen Projektwoche passiert etwas Besonderes, zum Beispiel eine „Jugendtalkshow“. Die macht ihrem Namen alle Ehre, weil neben „Nachmittagsjugendlichen“ und anderen herumwimmelnden Kindern Erwachsene geladen sind, über wichtige Themen telegen zu diskutieren. Zum Thema „Ohne Moos nichts los“ taten dies vier Schauspieler, die sich qua Beruf zu eignen schienen: eine kurzdenkende Stadträtin, ein Jugendtrainer von Hertha BSC mit einer Vorliebe für das Füllsel „halt“, ein onkeliger Bankdirektor mit Auto-Motor-und-Sport-Vergangenheit sowie eine ganz echte Schauspielerin. Bekannt aus Anwaltsserien.

Sie sprachen über Taschengeldhöhen, über Markenklamotten, Spenden für Arme und darüber, dass viele Dinge auch ohne Geld zu haben sind: Liebe und Freundschaft und so. Die Kinder indes fanden, dass kein Geld zu haben scheiße ist, und zeigten in flott geschnittenen Einspielfilmchen, wie die Erwachsenenwelt funktioniert. Die da „Zasterland“ heißt und pleite ist. Das Entscheidende hatten sie gelernt: wie man eine Talkshow produziert.

RENÉ HAMANN