die Suche nach den kriegsverbrechern auf dem Balkan ist eine farce
: Kein wirkliches Interesse an Karadžić

Ratko Mladić und Radovan Karadžić sollen angeblich bald verhaftet werden Es gibt wohl kaum noch etwas Peinlicheres als die Suche nach den beiden vom UN-Tribunal als Kriegsverbrecher angeklagten bosnisch-serbischen Führungsfiguren. Zehn Jahre nach der Anklageerhebung soll es den wichtigsten Geheimdiensten der Welt nicht gelungen sein, die Aufenthaltsorte der beiden auszumachen. Stimmte dies tatsächlich, dann sollten die öffentlich immer wieder die Verhaftung der beiden fordernden westlichen Regierungen die Mitarbeiter dieser Dienste wegen Unfähigkeit entlassen.

Doch das geschieht wohl nicht. Denn die wirklichen Versager sitzen in manchen Ländern ganz oben. Hatten die Nato-Militärs anfänglich, vor zehn Jahren, Furcht vor terroristischen Aktionen serbischer Extremisten, so wurden später andere Argumente vorgeschoben. Eine solche Aktion könnte angesichts der Bodyguards der beiden das Leben von Soldaten der Spezialkräfte kosten, hieß es dann, ein Argument, das bei „normalen“ Banküberfällen und Geiselnahmen offenbar keine Rolle spielt. Und schließlich kam man auf die Idee, die serbischen Politiker in Bosnien und in Serbien dazu zu zwingen, die Aktion selbst zu unternehmen. Jetzt soll es ja angeblich so weit sein. Die serbische Regierung verhandele mit Ratko Mladić, wird vor dem 10. Jahrestag des Massakers von Srebrenica gestreut. (Warum greift sie dann nicht zu?)

Exklusive Hintergrundstorys mancher Medien lassen weniger auf Recherche denn auf gezielte „Informationen“ aus interessierten Kreisen schließen. Tatsache ist, dass bei einer Verhaftung der beiden die serbischen nationalistischen Extremisten überall geschwächt würden. Sogar die Existenz der serbischen Teilrepublik in Bosnien stünde auf dem Spiel. Das wollen trotz des Drucks aus Washington viele politische Kräfte in Europa nicht – so in Moskau, in London und Paris. Wenn nicht alles täuscht, wird man auf die Verhaftung der beiden Kriegsverbrecher noch lange warten müssen. Es wäre nämlich wirklich überraschend, wenn das, was in den Sonntagsreden gefordert wird, auch anschließend umgesetzt würde. ERICH RATHFELDER