Eckhoff holte Sarrazin zur Euro-Debatte

DEBATTE Auf Einladung der CDU fand im Konsul-Hackfeld-Haus eine kontroverse Debatte zum Euro und zu Griechenland statt – der Sozialdemokrat Sarrazin punktete gegen den Verdener CDU-Mann Mattfeld

„Ein Staatsbankrott hätte die griechische Gesellschaft vor einem lang anhaltenden Pauperisierungsprozess bewahrt“

Karl-Heinz Roth

Thilo Sarrazin kommt – das sorgt immer noch für Aufregung und für einen vollen Saal. Aus zwei Richtungen kamen sie – Linke, die dem Aufruf „Solche Hetze wollen wir nicht hinnehmen“ gefolgt waren, und eher konservative CDU-Anhänger, die Sarrazin noch von seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ mögen.

Dabei ist Sarrazin als früherer IWF-Mitarbeiter und Berliner Finanzsenator durchaus ein Experte, viele Jahre seines Lebens hat er beruflich im Bereich der Finanzpolitik gearbeitet. 1969 erschien sein Buch über den Euro als „Chance oder Abenteuer“, damals noch voller Hoffnung.

Heute kritisiert er die Politik zur Rettung der Gemeinschaftswährung. Insbesondere sind die Stabilitäts-Bedingungen, unter denen der Euro eingeführt wurde, nie wirklich ernst genommen worden, sagt Sarrazin. „Sarrazin – halt’s Maul“ riefen hin und wieder einige Linke, die ihn in „ihrem“ Konsul-Hackfeld-Haus nicht ertragen konnten – und ließen sich geduldig von den Ordner hinausbegleiten. „Sie haben in Bremen ungemein geistlose Demonstranten“, spottete Thilo Sarrazin.

Als Gegenpart zu Sarrarzin hatte der CDU-Kreisvorsitzende Jens Eckhoff den Verdener CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeld eingeladen, einen mittelständischen Industriekaufmann, der eine Generation jünger als Sarrazin ist und als Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses mitverantwortlich für die Europapolitik der Kanzlerin Angela Merkel. Mattfeld ließ sich im Grunde nicht auf das ökonomische Thema ein – „es wird nicht leicht“, räumte er ein, aber man könne ja nicht zusehen, wie „unkontrolliert über Nacht ein Land zusammenbricht“. Und man brauche den Euro in einer globalisierten Welt und auch für den Frieden. Und: „Politik ist immer auch ein Kompromiss.“

Bisher schon hat Griechenland im Vergleich zehnmal so viel bekommen wie Westdeutschland mit dem Marshall-Plan, konterte Sarrazin, nur mit einer drakonischen Sozialpolitik könnte das Land die Bedingungen der EU erfüllen und über eine Inflation zahle am Ende der kleine Sparer die Zeche. 15 Jahre lang habe Griechenland mit falschen Zahlen vertuscht, dass es die Maastricht-Kriterien bricht, das habe aber jeder gewusst. Wenn die EU die Hilfe einstellen würde, dann würde Griechenland selbst aus dem Euro ausscheiden.

Der Bremer CDU-Politiker Eckhoff beschränkte sich bei der Kontroverse auf die Rolle des Moderators mit erkennbaren Sympathien für den konservativen Sozialdemokraten Sarrazin, der in dieser Konstellation die eher „linke“ Position vertrat.

Der linke Bremer Historiker Karl-Heinz Roth hat jüngst in seiner Flugschrift „Griechenland – Was tun“ eine ganz ähnliche Analyse wie Sarrazin vorgelegt und dabei auch den griechischen „Klientelismus“ erwähnt, mit dem „Korruption und Bereicherungssucht breite Gesellschaftsschichten erfassten“. An dem Euro-Boom der letzten zehn Jahre haben griechische Firmen, aber auch deutsche Rüstungskonzerne gut verdient, erwähnt Roth – die haben dorthin noch mehr geliefert als in die Türkei.

Wie Sarrazin hält Karl-Heinz Roth nichts davon, wenn die mit der Euro-Rettung verbundene „Austeritätspolitik“ für Griechenland als alternativlos bezeichnet wird. Roth: „Ein Staatsbankrott hätte die Vertiefung der Krise verhindert, die ökonomische Konsolidierung beschleunigt und die griechische Gesellschaft vor einem lang anhaltenden Pauperisierungs-Prozess bewahrt.“

Schade, dass die CDU nicht Karl-Heinz Roth zur Debatte mit Sarrazin eingeladen hat.  KAWE