Cash! Cash! Cash!
: Die Kalauerkasse

Ich muss immer an Rudi Assauer denken

Da kauft man sich einmal ganz normale Theaterkarten für eine Vorstellung in der Volksbühne und sitzt plötzlich in einer Premiere. Und zwar von Castorfs „Der Geizige“ nach Molière. Martin Wuttke, der Hauptdarsteller, war zu erschöpft. Deshalb ließ er die geplante Premiere platzen und passte genau den Tag ab, an dem ich mit einer Karte in der Hand in die Volksbühne laufe.

Einen erschöpften Eindruck macht Wuttke auf der Bühne nicht, nicht so jedenfalls, wie er immer im Leipziger „Tatort“ erschöpft ist, wahrscheinlich wegen der Thomalla. Aber das wäre ich auch, weil ich immer an Assauer denken muss, wenn ich sie sehe, und wenn sich erst mal Assauer in meinem Kopf festgesetzt hat, dann sitzt der da aber mindestens eine Stunde, bevor ich ihn da wieder rauskriege.

Jedenfalls hampelt Martin Wuttke zu Johnny Cash auf der Bühne herum, obwohl man zu Johnny Cash nun wirklich nicht herumhampeln sollte, und schon gar nicht auf einer Bühne und dabei „Cash! Cash! Cash!“ schreien, nur weil es beim „Geizigen“ um die klingende Münze geht. Aber wenn da überhaupt was klingelt, dann höchstens die Kalauerkasse. Nein, zu Cashs späten traurigen Songs sollte man so was nicht tun. Ich glaube, Johnny Cash hätte das nicht verstanden.

Ich bin konsterniert. Ich denke, Castorf würde das gefallen, dass von seiner Idee wenigstens einer konsterniert ist, denn dazu ist das Theater ja da, nach allem, was ich so gehört habe. „Zum Totlachen“, wie auf dem rot-weiß gestreiften Bühnenvorhang ganz groß steht, finde ich die Idee nicht, auch wenn es Martin Wuttke ist, der da herumhüpft, sonst aber ganz großartig ist, vor allem als er seine Perücke verliert, und der, als ob es das Normalste der Welt wäre, seinen aus der Strumpfhose herausgerutschten und einen Schmerbauch simulierenden Rettungsring wieder vor seinen Waschbrettbauch zurückstopft. KLAUS BITTERMANN