NEU IM KINO
: Diese Woche frisch

AuroraDer Film dauert drei Stunden, und im Verlauf dieser Zeit ändert sich nichts an seiner kompromisslosen Prämisse: Dass es keinen all- oder auch nur mehr wissenden Erzähler gibt, der die Lücken in dieser in Rumänien spielenden Geschichte schließen würde. Dies widerspricht umso mehr traditionellen Erwartungshaltungen, als schließlich ein Verbrechen geschieht und sich damit die Fragen nach Motiven und Zusammenhängen noch einmal verschärfen. Drei Menschen kommen ums Leben. Sie werden entweder mit Bedacht getroffen oder durch Zufall. Und sie sind eine repräsentative Menge für das narrative Prinzip dieses Films – jedes Detail kann von Interesse sein oder auch nicht. Nach welchen Kriterien? Eine Antwort darauf verweigert der Regisseur Cristi Puiu zugunsten eines allgemeineren Verhältnisses: Im Zentrum des meist in Totalen organisierten Bildes befindet sich eine rätselhafte, ja aggressiv introvertierte Hauptfigur, den ganzen Rest macht die rumänische Gesellschaft aus. „Aurora“ erzählt also davon, wie eine Gesellschaft in ihren Grundlagen zerfällt, und vollzieht diesen Zerfall auch selbst filmisch nach, in einem schwierigen Meisterwerk, das unbedingt die Mühe lohnt. fsk