Männer unter Druck

ARBEITSMARKT Die Erwerbslosenzahlen werden steigen. Doch davon sind Frauen weniger betroffen als Männer. Löhne könnten sinken

Die Wirtschaftskrise trifft vor allem Jobs in der exportorientierten und tariflich abgesicherten Industrie

VON BARBARA DRIBBUSCH

Bei all den Unsicherheiten über die kommenden Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise: Sie sorgt auch in Deutschland für steigende Arbeitslosenzahlen. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, erwartet die höchste Arbeitslosenquote für den Januar 2011. Um diesen Zeitpunkt herum ist auch die maximale Spanne von 24 Monaten für die Kurzarbeit in vielen Unternehmen ausgereizt. Es ist möglich, aber keineswegs sicher, dass wir zu Beginn des Jahres 2011 wieder 5 Millionen Arbeitslose haben werden – so wie im Januar 2005, als die Hartz-IV-Gesetze in Kraft traten.

Bisher jedoch entwickelte sich der Jobmarkt im Vergleich zu den schlechten Wachstumsraten vergleichsweise moderat. Im August registrierte die Bundesagentur für Arbeit (BA) 3.472 Millionen Arbeitslose. Die Entlassungen noch in diesem Jahr werden „unter dem liegen, was wir alle zu Beginn des Jahres erwartet haben“, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise. Viele Mitarbeiter in den krisengeschüttelten Betrieben sind noch in Kurzarbeit oder schmelzen ihre Arbeitszeitkonten ab. Derzeit befinden sich 1,4 Millionen Menschen in Kurzarbeit.

Die Krise trifft vor allem die Jobs in der exportorientierten, tariflich abgesicherten Industrie. In Baden-Württemberg gab es zum Beispiel im August im Vergleich zum Vorjahresmonat etwa 34 Prozent, in Bayern etwa 25 Prozent mehr Arbeitslose. In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern hingegen sank die Erwerbslosenzahl um 5 beziehungsweise 4 Prozent – allerdings von einem sehr viel höheren Niveau aus.

Der von der Binnennachfrage abhängige private Dienstleistungssektor mit hohem Frauenanteil ist vom Jobabbau hingegen weniger betroffen. Während in den letzten Monaten die Zahl der Arbeitslosen bei Männern stieg, sank sie bei den Frauen leicht. So gab es beispielsweise für AltenpflegerInnen, SozialarbeiterInnen und ErzieherInnen im August 41 Prozent mehr Stellenangebote als noch im August vergangenen Jahres. „Die Rezession hat sich auf die Arbeitslosigkeit von Männern stärker ausgewirkt als auf die von Frauen“, heißt es in einem Report der BA.

Doch nicht allein die Arbeitslosenzahlen, auch die Höhe der Entgelte spielt künftig eine wichtige Rolle. Letztere könnten durch die Wirtschaftskrise unter Druck geraten. Denn in der Dienstleistung wird vielerorts schlecht gezahlt. Erst recht sinken die Gehälter, wenn tariflich bezahlte Tätigkeiten in Unternehmen in eigene Zeitarbeitsfirmen verlagert werden, deren Mitarbeiter mit einem schlechteren Tarif bezahlt werden als die Stammbelegschaft. Der Lohndruck dürfte zunehmen, wenn die öffentlichen Kassen auch wegen der hohen Verschuldung kaum noch Geld haben. Steigen die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit, so ist mittelfristig zudem mit einer Anhebung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung zu rechnen, also mit höheren Lohnnebenkosten und geringeren Nettolöhnen.