wortwechsel
: Vom Überleben undvom Ramschfleisch

Der Preis für unsere Nahrung führt zum Frust über den grünen Landwirtschaftsminister. Für andere sind nun auch die Krankenhausärzte die Buhmänner der Nation

Er hält nichts von Ramschpreisen für Essen Foto: Ina Fassbender/reuters

Lebensmittelpreise

„Die Grünen als versnobte Oberschichtpartei“, taz vom 28. 12. 21

Cem Özedmir fordert zu Recht höhere Lebensmittelpreise, wobei der Fokus auf der Erholung des Preises für Fleischprodukte liegt. Nur so kann das Geld auch bei den Bauern ankommen! Ein höherer Lebensmittelpreis muss sich natürlich schnellstmöglich in den Bezügen des Bürgergelds zeigen. Das Argument, dass ein Hartz-IV-Bezieher sich dann weniger Fleisch leisten kann, ähnelt dem, dass ohne AKWs bei uns das Licht ausgeht. Auch ich kann nicht im Biosupermarkt einkaufen, aber bewusst einkaufen kann sicher jede*r.

Gabi Windbühler, Weingarten

Überangebot

„Essen als Luxusgut? Kritik an Özdemir“,

taz vom 28. 12. 21

Natürlich hat Özdemir recht! Die Lebensmittel sind zu billig! Gemessen am Hunger in der Welt sind ausreichend Lebensmittel an sich ein gewisser Luxus. Die Leistung der Erzeuger wird bei uns vom Handel zu niedrig bezahlt. Dann wird vom Staat und der EU mit Subventionen ausgeglichen – mit Steuergeldern. Um besser zu verdienen, erzeugen Erzeuger möglichst viel. Der Handel, der die Erzeuger so schlecht bezahlt, wirbt mit niedrigen Preisen und weckt Bedürfnisse mit viel zu viel Werbung. Der Handel und auch die Verbraucher schmeißen tausende Tonnen von zu viel erzeugten Lebensmitteln in den Abfall. Letztendlich weil sie billig sind, ergo: nichts wert.

Wenn sich Leute mit niedrigen Einkommen/Zuwendungen nur billigste Lebensmittel kaufen können, leidet ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit und natürlich ihre Lebensqualität. Es ist Aufgabe der Politik, diesem ganzen Irrsinn entgegenzutreten. Doris Wörler, Rödelsee

Umverteilen

„Die Grünen als versnobte Oberschichtpartei“, taz vom 28. 12. 21

Ach taz, auf der ersten und zweiten Seite diese kurzsichtige Kritik mit Reizwörtern (versnobte Oberschichtpartei und Luxusgut). Florian Wilds Probleme sind doch winzig, wenn er bei seinen Eltern Lachs im Blätterteigmantel kriegt – hätte wahrscheinlich noch für drei weitere Gäste gereicht.

Lasst euren Platz für die wirklich drängenden Fragen. Den Zusammenhang zwischen gesunder Ernährung (geht auch mit weniger Geld, das habt auch ihr schon recherchiert – aber klar muss eine ver­nünftige Grundsicherung her) und Gesundheit und Klimawandel, Arten­sterben, Bauernruin kann man doch nicht oft genug betonen und erklären. Was nützt denn das Überleben mit Ramschfleisch in einer kaputten Welt? Helft doch mal beim Umdenken und Umverteilen.

Ursula Brundiers, Berlin

Gegenentwurf?

„Essen als Luxusgut? Kritik an Özdemir“,

taz vom 28. 12. 21

Jetzt fallen alle über Cem Özdemir her, nur weil er klar und deutlich ein reales Problem benennt. Was wäre denn dann der Gegenentwurf? Lassen wir es also weiterhin bei „Lebensmitteln zu Ramschpreisen“ an denen sich Aldi, Lidl und Co. eine goldene Nase verdienen? Lassen wir’s dabei, dass dadurch bäuerliche Kleinbetriebe existenziell in die Enge getrieben werden zugunsten industrieller Massenlandwirtschaft? Lassen wir weiter unseren günstigen Spargel von schlecht bezahlten Osteuropäern stechen oder unser Grillfleisch zu Ramschpreisen bei Tönnies von rumänischen Billiglöhnern erzeugen? Natürlich hat auch Ulrich Schneider recht, wenn er sich gegen höhere Preise an­gesichts unzureichender ALG-II-Grund­sicherung ausspricht.

Klaus-Ulrich Blumenstock, Stuttgart

Grundsicherung

„Die Grünen als versnobte Oberschichtpartei“, taz vom 28. 12. 21

Die Menschen, die von Regelsätzen leben, können nicht die Phase bis zur nächsten „Tariferhöhung“ überbrücken. Sie haben keine „Rücklagen“, um die Inflationspreise auszugleichen! Das fängt schon genauso an, wie in der rot-grünen Schröder-Regierung. Nur schade, dass die Betroffenen oft schon so desillusioniert sind, dass sie sich von der Politik abgewendet haben.

Aber sie brauchen unser aller Unterstützung, wir alle brauchen eine gerechtere Gesellschaft, sonst fliegt sie ausein­ander. Danke für das Thema und den Kommentar! Renate Jonas, Bremen

Schulmeister

„Den Eigensinn in die Schranken ­weisen“, taz vom 28. 12. 21

Welch ein tragisches Zeugnis stellt das Interview den Grünen doch aus, insbesondere dem MP selbst. Im Geburtsland seiner Partei, entstanden aus dem Widerstand gegen damals als zwingend notwendig erachtete Energie-, also Umwelt-, also Klimaschutzpolitik, droht Schulmeister Kretschmann seinen Politikgegnern mit der staatlichen Rute. Auch er, ein Kind des Jahrzehnts deutscher Gewaltherrschaft, hat außer hochtrabenden, philosophischen Worthülsen keinerlei Rezept für einen demokratischen Umgang mit der Bevölkerung. Wer nicht will, wie er es für richtig erachtet, bedarf der Bestrafung. Welch ein Offenbarungseid für ihn persönlich und viele grünen Man­dats­träger*in­nen im Allgemeinen.

Hans-Peter Kleemann, Schorndorf

Falscher Ort

„Bitten an den „Weltenretter“,

taz vom 25. 12. 21

Papst Franziskus hat in seiner Weihnachtsbotschaft die Gier der Menschen beklagt und mehr Bescheidenheit gefordert. Leider sendet er diese Botschaft vom falschen Ort aus. Pracht und Prunk des Petersdom verleihen seinen Worten unredliche, ja sogar arrogante Züge. Rom hat hunderte Kirchen. Darunter gibt es auch einen einfachen Ort, der der Weihnachtsbotschaft und der Geburtsstätte Jesu gerechter geworden wäre.

Herbert Terhag, Köln

Über dem Gesetz

„Kein guter Hirte“, taz vom 24. 12. 21

Einmal mehr zeigt sich, dass bestimmte Kreise gerade der katholischen Kirche sich an keine Gesetze gebunden fühlen. Es wird höchste Zeit, dass sich etwas ändert. Man erreicht nur etwas, wenn man die Kirchen am Geldbeutel triff. Seit der Weimarer Verfassung wird die Ablösung der staatlichen Zahlungen/Kirchensteuer gefordert (stets von den scheinheiligen Unionschristen blockiert, die die Werbung der Kirche für ihre Partei und das ‚C‘ als Dummenfang brauchten).

Was hat man den Kirchen „weggenommen“? Nur das, was sie über die Jahrhunderte hinweg durch Lug und Trug, Drohungen um das Seelenheil, Prozessen, Erbschleicherei zusammengerafft und -gestohlen haben. Man müsste den Kirchenbonzen mal die Geschichte von Jesus erzählen, wie er die Geldwechsler aus dem Tempel vertrieben hat.

Im Übrigen: Das Verhalten der beiden Kirchen in der Aufarbeitung der Missbrauchsfällen verwirkt jeglichen (moralischen) Anspruch auf staatliche Unterstützung beziehungsweise Förderung.

Karl-August Lehmann, Oberharmersbach

Schwarzer Peter

„Es darf nicht so weit kommen“,

taz vom 28. 12. 21

Erst baut man komplette Krankenhäuser zurück, weil diese einfach nicht mehr ­rentabel arbeiten; um sich danach darüber zu beklagen, dass man nicht mehr über genügend Bettenkapazität verfügt! Dann knöpft man sich die Kranken­hausärzte vor, um diese zu den Buh­männer der Nation zu stempeln, weil eben diese Ärzte nichts dagegen unternommen haben, um diesen Abbau zu unterbinden.

Irgendwann einmal im Leben, wenn die Lage heillos verworren ist, trifft man sich vor dem Bundesverfassungsgericht, das am Schluss auch nur darauf hinweisen muss, dass der „Schwarze Peter“ doch bei den Krankenhausärzten zu bleiben hat.

Klaus P. Jaworek, Büchenbach