Union wird Ökosteuer-Partei

CDU-Politiker sehen ein, dass man die Energiesteuer nicht abschaffen kann

BERLIN rtrs/ap/dpa ■ Die Union will die Ökosteuer nun doch nicht abschaffen – trotz der hohen Benzinpreise. „Sonst müssten wir noch weitere Steuern erhöhen, um die Renten zu finanzieren“, sagte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt gestern. „Das ist in der jetzigen Situation rechnerisch ja gar nicht möglich.“ Ähnlich hatte sich schon Kanzlerkandidatin Angela Merkel geäußert. Der Umweltexperte der Union schlug vor, die Ökosteuer stärker auf schadstoffbezogene Kriterien umzustellen. „Nur das ist verursachergerecht und erhöht den Druck zu Innovation“, sagte Peter Paziorek.

Die Ökosteuer wurde von SPD und Grünen 1999 eingeführt und bis 2004 in fünf Schritten erhöht. Damit konnten die Rentenbeiträge auf 19,5 Prozent gesenkt werden. Ohne Ökosteuer lägen sie bei 21,2 Prozent. Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach betonte allerdings, er halte die Ökosteuer für „keine gute Sache. Keiner käme jetzt von uns auf die Idee, wenn es die Ökosteuer nicht gäbe, sie zu erfinden.“

Grünen-Chefin Claudia Roth nahm mit „Genugtuung“ zur Kenntnis, dass die Union die Ökosteuer nicht sofort abschaffen will. Dies sei ein „Signal, dass in der Union ein bisschen Realitätstauglichkeit eingekehrt“ sei.

Der grüne Umweltexperte Reinhard Loske reagierte unwirscher: „Die Union will den Wähler für dumm verkaufen. Jahrelang hat sie die Ökosteuer mit dumpfen Benzinwutkampagnen aufs Bitterste bekämpft und mit billigstem Populismus ihre Abschaffung gefordert. Nun erkennt sie, dass die ökologische Steuerreform erfolgreich ist.“ So sei der CO2-Ausstoß im Verkehr in den letzten Jahren um 15 Millionen Tonnen gesunken.

Gleichzeitig zeichnete sich bei den Grünen ein Dissens ab, wie mit der Ökosteuer weiter umgegangen werden soll. Die Parteispitze will sie nicht mehr erhöhen: Während der Ölpreis explodiere, sei dies „herzlich wenig sinnvoll“, sagte Roth gestern. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Energie will hingegen mit einem Änderungsantrag erreichen, dass die Grünen für eine „schrittweise und kontinuierliche“ Weiterentwicklung der Ökosteuer eintreten.

Unklar ist immer noch, ob die Union die Mehrwertsteuer um 2 Punkte auf 18 Prozent erhöhen will. CDU-Generalsekretär Kauder betonte, erst am Ende der Woche werde beschlossen, was im Wahlprogramm steht. „Es ist noch überhaupt nichts entschieden.“ Genauso undeutlich ist, ob die Union die Einkommensteuern senken will. Merkel sagte gestern, man habe sich „noch nicht geeinigt“. Damit widersprach sie Medienberichten, wonach der Spitzensteuersatz von 42 auf 39 Prozent fallen soll.

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