Neues Zuhause

Hilfe für Wohnungslose umgeschichtet: Anlaufstellen für Notfälle in den Bezirken eröffnet. Behörde zieht ihre Sozialarbeiter aus Wohnheimen ab

Seit 2002 sei es gelungen, jährlich um die 1.000 Haushalte „unterzubringen“

von Eva Weikert

Wohnungslosen und von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen soll künftig besser geholfen werden. Das hat Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) versprochen, als sie gestern die Neuorganisation der Wohnungslosenhilfe vorstellte. Seine Zuständigkeit dafür übertrug der Senat jetzt weitgehend an die Bezirke. Seit dem 1. Juli bieten dort „Fachstellen für Wohnungsnotfälle“ Hilfen „aus einer Hand“, so Schnieber-Jastram. Auch in „wirtschaftlich schwierigen Zeiten“ könne so Obdachlosigkeit vermieden werden. Zugleich erhoffe sie sich verstärkte Wohnungsvermittlung, um die städtischen Ausgaben für die öffentliche Unterbringung zu senken. Scharfe Kritik am Umbau üben Flüchtlingshelfer: Mit Abzug der städtischen Sozialarbeiter aus den Wohnheimen fällt dort die Asylberatung weg.

In Hamburg leben etwa 4.600 wohnungsberechtigte Menschen in Unterkünften der Stadt, rund 2.000 von ihnen sind Migranten mit Aufenthaltsperspektive und Anrecht auf eigene vier Wände. Bisher waren mehrere Stellen in den Bezirken und der Behörde für Wohnungslose zuständig. Nun wurde das Hilfsangebot gebündelt: Aufgabe der Fachdienste ist es, Mietschuldnern die Wohnung zu sichern, Wohnraum zu vermitteln oder die Unterbringung in einer öffentlichen Unterkunft zu organisieren. Bei Bedarf werde auch weitere Hilfe wie Schuldner- oder Suchtberatung und staatliche Stütze angeboten, so die Zweite Bürgermeisterin: „Eine eigene Wohnung ist Grundlage für ein selbständiges Leben und Integration.“

Um Wohnheime schließen zu können, hat ihre Behörde mit der Stadtentwicklungsbehörde und zwölf Wohnungsunternehmen vereinbart, Letztere sollten jährlich 540 zusätzliche Wohnungen für Unterkunfts- und Straßenbewohner bereitstellen. Für den Fall, dass das Ziel verfehlt werde, gebe es aber „keine präzise Regelung“, so Matthias Kock, Abteilungsleiter in der Stadtentwicklungsbehörde. Seit 2002 sei es gelungen, pro Jahr um die 1.000 Haushalte „unterzubringen“. Im Gegenzug wurde ein Drittel der Heimplätze abgebaut.

Für die neuen Bezirksstellen stellt die Stadt in diesem Jahr zusätzliche 1,7 Millionen Euro bereit. Langfristig rentieren werde sich die Anschubfinanzierung durch Verminderung der Ausgaben für die öffentliche Unterbringung, meinte die Senatorin, ohne eine Zielzahl nennen zu wollen. Insgesamt lägen die städtischen Kosten für die Wohnungslosenhilfe bei 40 Millionen Euro, für die öffentliche Unterbringung gebe die Stadt 5,18 Millionen Euro aus. Damit die Fachstellen der Bezirke ihre neue Aufgabe bewältigen, werden sie auch personell verstärkt durch 55 Stellen aus der Sozialbehörde, die dafür ihre Sozialarbeiter aus den Unterkünften abzieht.

Leidtragende des Umbaus sind Migranten ohne Bleiberecht, die in einer der mehr als hundert öffentlichen Unterkünfte leben. Für sie geht mit dem Abzug der städtischen Sozialarbeiter die Fachberatung vor Ort verloren – etwa zu Fragen von Aufenthaltsrecht oder Familienzusammenführung. Der Arbeitskreis Asyl warnt, die neue Struktur bedeute „das Ende der städtischen Flüchtlingsberatung“.

Zwar sollen Mitarbeiter des Wohnheim-Trägers „pflegen & wohnen“ die Lücke schließen. Dass sie „natürlich nicht die Detailkenntnisse“ ihrer Vorgänger hätten, räumt sogar Sozialbehördensprecher Rico Schmidt ein. Ihre vornehmliche Aufgabe: „für ein funktionierendes Zusammenleben zu sorgen“.