kritisch gesehen
: Eine Premiere voller Angst und Sorge

Tanz„Peiras – no risk, no fun?“: letzte Vorstellung heute, 19.30 Uhr, Bremen, Schwankhalle Buntentorsteinweg 112 (2G)

So richtig hell wird es fast nie an diesem Abend, das Publikum in der Schwankhalle Bremen verbringt ihn zumeist in nur matt erleuchteter Düsternis. Aber es geht ja auch um Angst.„Peiras – no risk, no fun?“ heißt die einstündige Tanz-Produktion der Young Artists und ihres Choreographen Augusto Jaramillo-Pineda; die Frage legt erst einmal den Gedanken an jugendliche Unbekümmertkeit nahe, an Mut, der bisweilen an Leichtsinn grenzt, an Aufbruch und Spaß. Doch all das tritt in dieser Inszenierung eher in den Hintergrund: Die Ängste und Sorgen all dieser jungen Menschen hier wiegen dafür zu schwer.

16 Kinder und Jugendliche gehören an diesem Abend zum Ensemble, verteilt auf zwei Gruppen – diejenigen, die noch keine 12 sind, und die anderen, die Teenager, die schon auf dem Weg zu einem ganz eigenen tänzerischen Ausdruck sind. Die Tänzer:in­nen des Ensembles Of Curious Nature haben die Stückentwicklung zwar begleitet, mit auf die Bühne treten sie aber nicht.

Am Anfang stehen Alpträume und lauter Phantasien skurriler Wesen, die die Ängste und Sorgen der Jüngeren spiegeln. Amandas fleischfressendes Momo-Monster etwa träumt regelmäßig vom Sterben, da es die Welt der Menschen nicht erträgt; der Lieblingsort des Achtjährigen ist der Friedhof. Elias, 12, hat ein Monster erschaffen, das Liebe und Freude verachtet und in alten Krankenhäusern lebt. Und Mina, 11, hat Jenny, eine Höhlenbewohnerin, deren größter Wunsch es ist, nicht mehr einsam zu sein. Tän­ze­r:in­nen treten als Schattenwurf hinter einer Leinwand auf, die sich schließlich in der Ferne verliert, kurz danach kommt Michael Jacksons „Thriller“ und eine Choreographie, die an das legendäre Musikvideo dazu erinnert. Schließlich treten die Teenager dazu, mit ihren Fragen ans Leben. Es geht um Liebe, Beziehungen, die Angst vor dem Unglück nach dem Glück, die Sorge, dass alles, was man erreicht hat, vielleicht doch nur Zufall war und die Angst, etwas zu verpassen oder nicht ernst genommen zu werden.

Während die Inszenierung am Anfang noch eher assoziativ Szenen aneinander reiht, findet sie später auch noch zu einer echten inhaltlichen, dramaturgischen Linie. Hip-Hop und Jazz, Modern Dance, Ballett, Contemporary Afro, Artistik und mitunter düstere dystopische Musik werden miteinander kombiniert. Und auch wenn nicht immer alles so synchron ist, wie man es bei Profis erwarten würde, so lässt der Abend doch da wie dort echte Talente aufscheinen.

Elias, 12, hat ein Monster erschaffen, das Liebe und Freude verachtet und in alten Krankenhäusern lebt

„You were born, so you are free“, heißt es am Ende. Darin könnte man Hoffnung finden. Es ist aber auch ein Versprechen, das Angst macht. Jan Zier