berliner szenen Hausverbot

Am Checkpoint Charlie

Ich war als Reporter unterwegs, um über die letzten Tage der 1.067 Mahnmal-Kreuze am Checkpoint Charlie zu schreiben, kurz vor ihrer Demontage. Als ich begann, atmosphärische Eindrücke zu sammeln, wurde ich auf Zeitreise geschickt.

Und das kam so: Zwei Statisten-Vopos patrouillierten in ihren lindgrünen Uniformen – echter als jeder Komparse am Set von „Sonnenallee“. Im Devotionalienladen nebenan beschwerte sich die Verkäuferin über die Mauerkreuze und deren Initiatorin. Sie sprach ihr, weil sie aus der Ukraine kommt, jegliche Legitimation ab. Dann beendete ein Tourist unser Gespräch – er wollte Postkarten von den Mauerkreuzen kaufen. Die aber gab es weder hier noch bei dem Mädchen in der russischen Felduniform, die „Passports“ für den Übertritt in den Osten ausstellte. Ich machte also weiterhin meine Notizen zu den bizarren Memorabilia – Gasmasken und DDR-Autoschilder –, als mich plötzlich der neben mir stehende Aufpasser misstrauisch musterte. Er folgte mir weiter ins Ladeninnere und fragte mich, mit wessen Genehmigung ich hier schreiben würde. Ich verwies ihn höflich auf meinen Reportageauftrag, merkte aber dann doch noch an, dass ich sein Verhalten seltsam fände – ganz wie weiland in der DDR. Das sei richtig, entgegnete er freimütig, denn da komme er her.

Eine andere Verkäuferin eilte herbei, die an dieser Stelle für ihr wachsames Handeln mit einer namentlichen Erwähnung ausgezeichnet werden soll: Frau Celikaya. Sie erteilte mir Hausverbot. Draußen ging der Mann mit dem originalgetreuen MfS-Habitus wieder auf seinen Posten, neben sich – wie ich jetzt erst bemerkte – den Stapel mit Schirmmützen, wie man sie bei der der Staatssicherheit trug. CHRISTIAN DORN