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: Landesmedienanstalten can do

Schon viel zu lang werden die Landesmedienanstalten kritisiert. Es ist an der Zeit, damit endlich weiterzumachen

Irgendwie sind sie ja schon ganz niedlich, die Landesmedienanstalten. Kriegen dauernd und massenhaft Ärger, weil sie die Programme der Privatsender zu selten, zu langsam, zu sanktionsfrei auf Schleichwerbung überprüfen. Und was machen die so in die Ecke Gedrängten? Kündigen an, dass sie demnächst sämtliche Privatsender einen Tag lang auf Schleichwerbung überprüfen werden – und zwar alle Sender „von N24 und n-tv aufwärts“! „24 Stunden lang“! Und durchaus vielleicht schon im Juli!

Nun, das ist nichts anderes als ihre ureigenste Aufgabe – schon mal toll, wenn man daraus eine Meldung machen kann. Richtig niedlich, weil so hübsch unbeholfen, aber wird es, wenn man sich den Zeitpunkt anschaut, zu dem ebendies angekündigt wird.

Zu Recht ist in diesen Tagen die Aufregung um Schleichwerbung im deutschen Fernsehen groß. Die Gelassenheit und Professionalität, mit der Product Placement bei „Marienhof“, „Fabrixx“ und anderen ARD-Sendungen betrieben wurde, ist verblüffend, die Unverblümtheit und Einfältigkeit, mit der RTL2 ganze Werbeslogans wie „O2 can do“ in Showtitel einbaut, fast schon entwaffnend. Trotzdem: Ist das alles tatsächlich so neu, wie es der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen Norbert Schneider in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa jetzt glauben machen will? Natürlich nicht.

Schneider führt zwar treffend an, dass die Werbekrise von 2001/2002 ein Umdenken bei den Privatsendern erzwungen habe – jenseits der klassischen Werbespots hätten neue Formen der Kooperation mit Unternehmen gefunden werden müssen. Doch dabei übersieht er, dass bei „Marienhof“ spätestens seit 1994 Product Placement betrieben wurde – ein zweifelhafter Romantiker, wer glaubt, dass die Öffentlich-Rechtlichen dabei zur Abwechslung die Ersten waren.

Nein, von einer neuartigen Häufung von Schleichwerbung kann wohl – leider – nicht gesprochen werden, eher von einer neuartigen Häufung von Aufregung. In dieser halb noch hysterischen, halb schon zynischen Situation versuchen die Landesmedienanstalten nur, ein wenig von dem allgemeinen Aufregungspotenzial in persönliches Aufregungskapital zu verwandeln. So empfahl Schneider ARD und ZDF zum Beispiel unlängst, statt interner Gremien „professionelle Medienbeobachter“ zur Bekämpfung von Schleichwerbern einzusetzen. Wen der professionelle Medienbeobachter Schneider damit wohl gemeint hat? Die Landesmedienanstalten sicherlich nicht. Die sind ja gerade damit beschäftigt, ihre Arbeit zu tun – und durchaus vielleicht schon im Juli! HANNAH PILARCZYK