Problemlos finanzierbar

betr.: „Der nächste Fusionsreaktor ist auf dem Weg. Zukunft auf Kosten der Gegenwart“, taz vom 29. 6. 05

Der Kommentar über die Entscheidung für das internationale Kernfusionsforschungsprojekt Iter traf einen für taz-Verhältnisse erfreulich moderaten Ton. Verständlich, denn die Fusionsforschung untersucht im Rahmen dieses von Europa, den USA, Russland, China, Japan und Südkorea finanzierten Projektes die wissenschaftlichen Grundlagen einer durchaus attraktiven energiepolitischen Option. Obwohl Fusionsenergie eine Form der Kernenergie darstellt, entfallen vier wesentliche Risiken, die die Energiegewinnung durch Kernspaltung politisch nicht verantwortbar machen: 1. ein künftiger Fusionsreaktor kann physikalisch bedingt niemals „durchbrennen“, da im Gegensatz zum Kernspaltungsreaktor keine im Störfall aktiv zu kontrollierende Kettenreaktion stattfindet; 2. die Notwendigkeit der Endlagerung von Atommüll über erdgeschichtliche Zeiträume entfällt völlig; 3. der Brennstoff steht im Vergleich zu Uran unbegrenzt zur Verfügung und im Reaktorbetrieb wird kein CO2 freigesetzt; 4. das gefürchtete Polizeistaatsszenario ist hinfällig, weil weder hochriskante KKWs noch hochradioaktiver Atommüll mit polizeistaatlichen Methoden zu sichern wären.

Die Fusionsforschung muss den attraktiven erneuerbaren Energien, deren Ausbau vorrangig auf Markteinführungsstrategien wie dem EEG beruht, keineswegs im Wege stehen. Die von Reiner Metzger dargelegte Meinung, Fusionsforschung und Erneuerbare stünden in direkter Konkurrenz, beruht auf einem Missverständnis. Vielmehr konkurriert nämlich die hoch subventionierte Kernspaltungstechnik mit der Fusionsforschung. Der Bundesforschungsbericht 2004 belegt beispielhaft, dass in sieben Jahren rot-grüner Bundesregierung nahezu die Hälfte der Energieforschungsausgaben in die nukleare Energieforschung – und zwar ohne Fusionsforschung – geflossen ist, während die Forschungsförderung für erneuerbare Energie – richtig so – das Fördervolumen für Fusionsforschung bei weitem überschritten hat. Mit dem Betrag, den die Bundesregierung in den letzten Jahren allein für nukleare Energieforschung ausgegeben hat, ließe sich der gesamte auf mindestens zwei Jahrzehnte gestreckte Beitrag Deutschlands zum Iter-Projekt problemlos finanzieren.

JOHANNES REETZ, München