Geschminkter Doktor

BÜHNENKASPERLE Der bayerische Sänger und Anarchist Georg Ringsgwandl gastiert im St. Pauli-Theater

Die Geschichte mit dem Dr. med. wird Georg Ringsgwandl den Rest seines Bühnenlebens verfolgen. Es ist eine Geschichte, die in Kiel beginnt: Dort beendete der Bayer 1975 sein Medizinstudium und ging zurück in die Heimat, um als Kardiologe zu arbeiten. Musik gab’s lange nur nebenbei. Bis der Doktor mit 44 Jahren seine Stelle kündigte und als Künstler weitermachte. „Was heißt als Künstler“, sagt Ringsgwandl. „Als Bühnenkasperl.“

Ringsgwandl steht gerne in omahaften Damenklamotten auf der Bühne, ist grell geschminkt und sondert ab und an spitze Schreie ab. Im Kern ist er ein Singer/Songwriter und seine Band ist sehr funky. Ringsgwandls Texte bewegen sich zwischen Kleinstadtgroteske und Weltschmerz. Ein Song etwa befasst sich mit den positiven Auswirkungen der neuen Bäckereifachverkäuferin auf den Umsatz des Bäckers. Ein anderer behandelt die Chance, sich „innen drin“ zu verjüngen, während man äußerlich älter wird. Klingt banal, wirkt aber durch den kompromisslosen Auftritt überzeugend. Zu hören sind die Songs auf dem neuen Album „Untersendling“, von dem Ringsgwandl einiges vorstellen wird, wenn er von heute bis Samstag im St. Pauli-Theater auftritt.

Seinen Dialekt zügelt Ringsgwandl bei seinen Auftritten im Norden, seine bayerische Identität aber bleibt offenkundig. Ringsgwandl bringt das Anarchische aus Bayern mit und verzichtet auf das Derbe: Sein Humor ist schräg – und manchmal norddeutsch fein. KLAUS IRLER

■ Do, 17. 9. bis Sa, 19. 9., jeweils 20 Uhr, St. Pauli Theater, Spielbudenplatz 29-30