Die Schmiergeld-Affäre schmiert den Kurs

VW-Aktien werden teurer. Die Börsianer spekulieren auf schwächeren Betriebsrat und das Ende des VW-Gesetzes

BERLIN taz ■ Betrugsskandal bei VW – und die Aktien des Autokonzerns steigen. Die Analysten von Independent Research empfehlen zu „akkumulieren“; Anleger sollten also langsam VW-Papiere hinzukaufen. Auch die HypoVereinsbank rät: „buy“. Gestern lag der Kurs bei 38,50 Euro, doch gilt es nicht mehr als ausgeschlossen, dass er demnächst auf 44 Euro schießen könnte.

Denn die Börsianer hoffen, dass durch die Schmiergeldaffäre „der Einfluss der Gewerkschaft und der Arbeitnehmer abnehmen“ könnte. Die Anleger erwarten, dass der neue VW-Markenchef Wolfgang Bernhard nun seine Sparprogramme leichter gegen die Belegschaft durchsetzen kann (siehe oben). Auch der arbeitgebernahe Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer forderte gestern, dass das VW-Modell „gewaltig auf dem Prüfstand“ gehöre.

VW ist ein ungewöhnlicher Konzern, weil das Land Niedersachsen noch immer rund 18 Prozent des Aktienkapitals hält. Die CDU-FDP-Regierung in Hannover hat jedoch nicht vor, ihren Anteil zu reduzieren. „Dazu gibt es eine eindeutige Koalitionsvereinbarung“, sagte ein Sprecher der taz. „Wir stehen zum VW-Gesetz.“

Das Gesetz legt seit 1960 fest, dass kein Investor mehr als 20 Prozent der Anteile halten darf. Das macht den Konzern jedoch unattraktiv für Großinvestoren. Der Kurs liegt daher niedriger als bei den Konkurrenten; VW gilt als „unterkapitalisiert“.

Zudem räumt das VW-Gesetz dem Land Niedersachsen gleich zwei Aufsichtsratssitze ein. Also eine Sperrminorität, wie die EU-Kommission kritisiert. Sie hat inzwischen gegen das VW-Gesetz geklagt: Es sei ein Hindernis für ausländische Investoren. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes wird in etwa einem Jahr erwartet. Auch die Analysten finden: „Dieses Gesetz ist ein Anachronismus.“

Interner Betrug ist allerdings keine VW-Spezialität: So ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gerade gegen Mitarbeiter von DaimlerChrysler. Sie sollen Autos ins Ausland verschoben haben, um sie von dort verbilligt wieder zu importieren. 17 Personen sollen verwickelt sein. Dazu zählt auch der Leiter des Mercedes-Vertriebs in Deutschland.

ULRIKE HERRMANN

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