Land sucht neue Hausverwalter

Die Landesregierung erhebt neue Vorwürfe gegen ihre skandal-gebeutelte Immobilienfirma LEG – und bereitet so deren Privatisierung vor. Mieter fürchten Übernahme durch private Investoren

VON KLAUS JANSEN
UND HOLGER PAULER

Die neue Landesregierung will ihr eigenes Immobilienunternehmen nicht in der Öffentlichkeit vorzeigen. Die für heute geplante Bilanzpressekonferenz der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) NRW wurde überraschend abgesagt. „Finanzministerium und Bauministerium haben die Reißleine gezogen“, heißt es aus Regierungskreisen.

Angeblich soll die Bilanz des durch Schmiergeldskandale berühmt gewordenen Unternehmens (siehe Kasten) geschönt worden sein. „Die LEG ist ein Sanierungsfall“, sagt der baupolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernd Schulte. Nur mit rechnerischen Tricks wie der Verlängerung von Abschreibungsfristen von 50 auf 80 Jahre hätte die LEG die Ausweisung eines Verlustes verhindern können, sagt er. Zudem habe der Bilanzprüfungsausschuss der Firma „seit Jahren nicht mehr getagt“, so Schulte gestern zur taz. Die LEG weist die Vorwürfe zurück – dennoch ist die Landesregierung offenbar der Ansicht, die Bilanz der Firma aus diesen Gründen nicht der Öffentlichkeit vorzustellen.

Die neuen Anschuldigungen gegen die LEG lassen die Mieter der rund 110.000 LEG-Wohnungen eine schnelle Privatisierung befürchten. Schon in den Koalitionsverhandlungen von CDU und FDP war ein Verkauf der Wohnungssparte festgelegt worden. „Alles, was die neue Landesregierung angekündigt hat, wurde leider eingehalten“, sagt Aichard Hoffmann vom Mieterforum Ruhr. CDU-Fachpolitiker Schulte kündigt eine schnelle Entscheidung an: „Das Zeitfenster ist jetzt offen. Entweder im Jahr 2005 oder 2006 wird die Privatisierung kommen.“

Hohe Erlöse kann das Land durch den Verkauf nicht erwarten: Voraussichtlich werden die Einnahmen gerade dazu reichen, die 338,7 Millionen Euro Schulden der Beteiligungsverwaltungsgesellschaft des Landes zu bezahlen, der die LEG als Tochter angehört. „Ich warne da vor überhöhten Erwartungen“, so der neue Bauminister Oliver Wittke (CDU) zur taz. Auch er strebt eine Privatisierung an, warnt jedoch davor, „in Hektik zu verfallen“. Zunächst müsse die Landesregierung aufarbeiten, wie groß der Schaden innerhalb der LEG nach den Schmiergeld- und Untreueaffären des vergangenen Jahres sei.

Den Mietern verspricht Wittke, die Privatisierung „sozialverträglich“ zu gestalten. Die Mieter bezweifeln das: Besonders Angst macht ihnen die im schwarz-gelben Koalitionsvertrag beschlossene Aufhebung der so genannten Kündigungssperrfrist. Diese von Rot-Grün beschlossene Klausel garantierte Mietern eine Kündigungsfrist von mindestens sechs Jahren – nun können potenzielle Investoren die Bewohner schon nach drei Jahren vor die Tür setzen.

„Das Problem wäre geringer, wenn wir nicht von permanenten Privatisierungen betroffen wären“, so Mieterschützer Aichard Hoffmann. So seien in NRW in den vergangenen zwei Jahren rund 300.000 Wohnungen an private „Heuschreckenfonds“ veräußert worden, sagt er. „Die LEG ist nur ein weiterer Schritt in diese Richtung.“