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Die Miete als Armutsrisiko

Eine überparteiliche, bundesweite Kampagne fordert, dass ein genereller Mietenstopp für sechs Jahre in den Koalitionsvertrag aufgenommen wird

Die sogenannte Wohnungsfrage beschäftigte Politiker und Stadtplaner schon zu Beginn des 20. Jahrhunderrts. Nun ist sie wieder in aller Munde, denn die Miete ist für immer mehr Menschen zum Armutsrisiko und bezahlbares Wohnen somit zur vielleicht wichtigsten sozialen Frage unserer Zeit geworden.

Die Kampagne Mietenstopp ist nun an die Öffentlichkeit getreten, um den Parteien einer möglichen Ampelkoalition die Dringlichkeit der Angelegenheit vor Augen zu führen – und um ihnen eine Reihe von Forderungen zu unterbreiten. Kernpunkt der überparteilichen, bundesweiten Kampagne, an der sich rund 140 Initiativen, Bündnisse und Organisationen aus ganz Deutschland beteiligen – darunter die Berliner Mietergemeinschaft und der Berliner Mieterverein –, ist ein flächendeckender Mietenstopp für sechs Jahre. Dieser solle laut Kampagne zum Gegenstand des Koalitionsvertrags werden.

Denn im Sondierungspapier der drei Parteien wurde eine bundesweite Begrenzung der Mieten ausgeklammert und nur festgehalten, dass die bestehenden Mieterschutzregeln verlängert und evaluiert werden sollen – und das, obwohl eine Art Mietenstopp sowohl im Wahlprogramm der SPD als auch der Grünen enthalten ist. Jetzt geht die Angst um, dass dies als Zugeständnis an die Liberalen geopfert werde. „Nur die Mietpreisbremse zu verlängern wäre ein schlechter Witz“, sagt Matthias Weinzierl, Sprecher der Kampagne Mietenstopp. Denn sie enthalte zu viele Ausnahme­regelungen, um überhöhte Mieten effektiv zu begrenzen.

Strikte Oberwerte sollen laut der Kampagne nicht zuletzt bei Wiedervermietungen zur Anwendung kommen. Damit „faire Vermieter*innen“, zu denen vor allem Genossenschaften zählen, finanziell nicht in Bedrängnis geraten, soll ihnen eine maximale Mietsteigerung von 2 Prozent jährlich erlaubt sein, solange sie nicht die vereinbarten Oberwerte übersteigt. Dazu sollen strengere Regeln kommen, um etwa die in Berlin zu erwartende Welle von Eigenbedarfskündigungen einzuschränken.

Zu weiteren Forderungen zählen neben einem sozialen Bodenrecht, das die steigenden Bodenpreise im Zaum halten soll, und der Wiedereinführung der 1989 abgeschafften Wohnungsgemeinnützigkeit vor allem der verstärkte Neubau von bezahlbaren Mietwohnungen; teure Eigentumswohnungen gebe es „schon genug“, heißt es in dem Kampagnen-Aufruf. Damit die Aufgabe preiswerten Neubaus bewältigt werden kann, wird inzwischen auch der Ruf nach einem eigenständigem Bauministerium lauter. (os)