meinungsstark
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Zapfenstreich für Angela Merkel

„Rote Rosen und ein Baby: lange und kurze Abschiede“, taz vom 4. 12. 21

Frau Merkels Ansehen wäre wesentlich in meiner Gunst gestiegen, wenn sie in diesen Zeiten auf diese martialische Prozedur verzichtet hätte. Einmal davon abgesehen, dass ein Zapfenstreich einen unweigerlich an Bilder dunkelster Geschichte erinnern lassen muss, wenn Soldaten in grauer Uniform mit blank geputzten Stahlhelmen und Fackeln marschieren, egal vor welcher Kulisse. Ein Verzicht unserer Kanzlerin auf dieses Spektakel, mit der Begründung, dass viele alte Gewohnheiten momentan nun einmal zurückzustellen sind, hätte ein Signal für viele sein können. Für jeden, der jetzt bspw. gerne einen Weihnachtsmarkt oder eine andere Veranstaltung besuchen würde, aber Vernunft walten lässt und genau dies jetzt eben (noch) nicht tut. Schade, dass der Egoismus Merkels ganz am Ende dann doch wieder gesiegt hat. Ullrich Herzau, Berlin

Abstimmung bei den Grünen

„Klare, aber bescheidene Mehrheit“, taz vom 7. 12. 21

Die Zustimmung der grünen Mitglieder zum aktuellen Ampel-Koalitionsvertrag ist mit 86 % m. E. durchaus bemerkenswert und nicht nur „bescheiden“, wie Frau Kalarickal kommentiert. Insbesondere wenn sie einen Vergleich mit den Zustimmungswerten von SPD (98,8 %) und FDP (92,2 %) zieht, vergleicht sie dabei Äpfel mit Birnen. Denn dort haben Parteitage votiert, bei Bündnis 90/Die Grünen war es dagegen eine basisdemokratische Mitgliederbefragung. Ich kann mir vorstellen, dass die Zustimmungswerte bei Rot und Gelb im Falle einer Mitgliederbefragung in diesen Parteien wohl ebenfalls nicht so hoch ausgefallen wären wie jetzt durch die Parteitage. Dies hätte dann aber auch deutlicher gemacht, dass ein Koalitionsvertrag immer durchaus auch schmerzliche Kompromisse enthält, mit denen nicht alle Parteimitglieder glücklich sind. Walter Jungbauer

Kontrolle in Ökobetrieben

„Bio ist gut,Kontrolle ist besser“, taz vom 4. 12. 21

Öko-Kontrollstellen decken bei 500 von insgesamt 50.000 deutschen Öko-Betrieben schwere Verstöße auf und melden die an die staatlichen Aufsichtsbehörden. Die aber sanktionieren nicht ausreichend abschreckend. Umgekehrt heißt das aber: 99 % der deutschen Bio-Betriebe arbeiten zuverlässig – aber so ein Titel würde wohl nicht die Auflage steigern. Jost Maurin schreibt über zwei Bio-Kontrolleure, die „auspacken“. Für Fachleute wird deutlich: Der eine weiß nicht, wie Tierwohlkontrollen gehen (und vor allem darauf kommt es an), der andere fabuliert von „einem großen Anbaubetrug“, ganz abstrakt. Der taz-Redakteur nimmt noch einen jahrzehnte­alten Betrugsfall und einen aktuellen, aufgedeckten dazu. Er mischt die Fakten geschickt, und seine Schlussfolgerung ist: Am besten übernimmt der Staat die Bio-Kontrolle gleich ganz. Dann werden sich Betrüger bestimmt ganz artig selbst anzeigen. Jochen Neuendorff, Göttingen

Klimawandel und Atomenergie

„Wir müssen über Atomstrom diskutieren“, taz vom 2. 12. 21

Herr Dudenhöffer outet sich hier als Bekenner der Auto-Lobby und zeigt sehr klar, wohin wir kommen, wenn wir den Individual-Mobilitäts-Wahn ungehemmt fortsetzen. Es darf eben nicht so kommen, dass auch in Deutschland auf 1.000 Menschen fast 900 Autos kommen. Die veranschlagte Fahrleistung von 13.000 km/a ist realistisch. Der Verbrauch von 20 kWh/100 km entspricht jedoch dem eines schweren SUV. Prof. Dudenhöffer meint also, bald würden 1.000 Deutsche auch über 800 Stadtpanzer halten. Um diese Umweltkatastrophe zu speisen, brauchen wir dann sicherlich auch die nächste Umweltkatastrophe: Kernenergie. Die Selbstverständlichkeit, mit der Dudenhöffer diese Entwicklung herleitet, kann ich nur als Realsatire verstehen oder als schamlosen Lobbyismus.

Christian von Faber, Luckenwalde