INTEGRATION
: Das Schützenfest

Eine schwer alkoholisierte Schützenlady tanzt auf dem Tisch

Auch wenn wir schon ein paar Jahre im Osten wohnen, ab und an muss ich mal was tun, um meine Integration voranzutreiben. Auf zum Schützenfest! Der Schützenverein unserer Kleinstadt trägt stolz die Zahl 1588 im Wappen. Fast alle 70 Mitglieder sitzen am Samstagabend im Bierzelt vor dem Schützenhaus. Es ertönt das übliche Disco-Deutsch-Pop-Gemisch für die Landbevölkerung. „Die Leute fingen an zu tanzen. Dann kam das schönste Mädchen vorbei. Ich habe mich getraut, sie anzusprechen. Noosa, ai se eu te pego …“ Dazu ahmen ältere Herren und Damen Michel Telos Tanzstil nach. Die diversen Orden für ihre Schießkünste auf den Jacken hüpfen dabei fröhlich auf und ab. In der improvisierten Disco grölen alle mit bei „Moskau, Moskau, schmeiß die Gläser an die Wand, Russland ist ein schönes Land“. Der schwule Barkeeper führt eine Tanztruppe an, die ekstatisch zu YMCA ihre Hüften kreisen lässt.

Später setzt sich der Vereinsvorsitzende höchstpersönlich zu uns. Seine lustigen Geschichten aus dem regen Vereinsleben werden unterbrochen von Gästen, die im Vorbeigehen auf den Tisch klopfen und „Manni“ ihre Aufwartung machen. Ich frage nach der Bedeutung der vielen Miniorden, und die Runde bekommt gratis eine Stunde Nachhilfe, dazu Schnäpschen und Bier. Schützenkönig und Zweiter Ritter bleiben mir aus dem Alkoholnebel in Erinnerung.

Eine schwer alkoholisierte Schützenlady tanzt auf dem Tisch und eine andere, schwergewichtig, mit roter Pippi-Langstrumpf-Perücke und Dirndl, auf dem Kopfsteinpflaster. Manni hat wohl meine wachsende Irritation bemerkt und versucht es mit Mitgliederwerbung: „In unseren Verein treten auch viele ein, die gar nicht schießen wollen. Die kommen nur, weil wir so ein netter Haufen sind.“ So arg pressiert es mir mit der Integration aber nun auch wieder nicht.

ELKE ECKERT