Männerwade ersetzt Space Park

Bremens Tourismus braucht schöne Kataloge, ordentlich Travestie und reichlich Titannitrat. Damit könnten die 23.848 derzeit fehlenden Übernachtungsgäste vielleicht wieder angelockt werden

Bremen taz ■ Wer rettet Bremen, wenn der Space Park seine Pforten nicht mehr öffnet? Madame Lothár. Das kleine Travestie-Theater im Schnoor ist unter den Pauschalangeboten der Bremer Touristik-Zentrale (BTZ) das Bestgebuchte. Dieses Jahr allerdings locken selbst Männerbeine unter Frauenkleidern nicht genügend Reisebusse nach Bremen. Erstmals seit sieben Jahren gibt es einen deutlichen Knick in der Statistik: Im ersten Quartal 2005 gab es 9,2 Prozent weniger Übernachtungen, bis April fehlen noch 7,1 Prozent (siehe unten stehendes Interview).

Bundesweit boomen die Städtereisen, zweistellige Zuwachsraten sind die Regel. Was also läuft in Bremen schief? Der Space Park hat zu, die „Fish International“ wirkt nur alle zwei Jahre als Gästemagnet – in erster Linie aber verweist BTZ-Chef Peter Siemering auf die seit anderthalb Jahren gekürzten Marketingmittel. Statt 1,35 Millionen Euro gebe es jetzt nur noch eine Million. Das habe rigides Sparen erforderlich gemacht: weniger Werbung, günstigeres Katalogpapier, kostenpflichtige Prospekte, die Einschränkung des Stadtmusikantenspiels bis hin zum Austritt aus der Arbeitsgemeinschaft „Historical Highlights of Germany“ – mangels 40.000 Euro für die Auslandspräsentation.

Nebenbei fehlen auch noch 975 Nägel. Genauso viele sind bereits ins hiesige Pflaster gedübelt, um als goldene Spur die Wege zu Bremens Sehenswürdigkeiten zu weisen. Das Problem: In der Nagel-Legierung ist zu viel Kupfer, die Nägel wurden braun – und damit auf den Gehwegen fast unsichtbar. Die jetzt zusätzlich einzusetzenden Nägel sollen mit Titannitrat bedampft werden, damit sie ihren hellen Glanz behalten – hoffentlich.

Bleibt also Madame Lothár als unverfehlbare Touristen-Adresse. Obwohl subventionsfrei geführt, musste es seinen Spitzenplatz im Rahmen der „Pusskatten fien“-Pauschale (plattdeutsch für: „Die Katze macht sich fein“ – mit Bremer Schlemmerteller, Stadtrundgang, zwei Übernachtungen und Ausgeh-Event) nur kurzzeitig an den Space Park abtreten. Wie viele BesucherInnen genau während dessen neunmonatiger Öffnungszeit nach Gröpelingen kamen, gilt in Bremen allerdings als mittleres Staatsgeheimnis. Selbst bei der BTZ heißt es: So was zu schätzen, sei „heikel“. Statistisch penibel erfasst sind dagegen die derzeit fehlenden Übernachtungsgäste: 23.848 im Vergleich zu 2004.

Henning Bleyl