Datenschutz verhindert Integration

Da ist mal Geld da, und dann kann’s nicht ausgegeben werden: Die Wohlfahrtsverbände können trotz vorhandener Mittel Migranten nicht beraten – denn sie finden sie erst gar nicht: Das Stadtamt rückt ihre Daten nicht heraus

bremen taz ■ Der Wille ist da, das Geld auch, aber trotzdem bekommen die Mitarbeiter der Wohlfahrtsverbände in Bremen schlecht an ihre Kunden heran. Es geht um die Daten von Neu-Bremern. Die werden nicht weitergegeben. „Die brauchen wir aber, um Migranten zu beraten“, sagt Marko Zaric vom Migrationsdienst des Bremer Caritas-Verbandes. „Datenschutz“, sei die Begründung des Stadtamtes.

Seit Januar haben Zaric und seine Kollegen aus den anderen Wohlfahrtsverbänden rund 180.000 Euro an Landesmitteln und rund 200.000 Euro an Bundesmitteln zur Verfügung, um Migranten zu beraten, die in den vergangenen drei Jahren nach Bremen gezogen sind. Einige der Menschen mit „gesichertem Aufenthaltsstatus“ könnten über Sprach- und Integrationskurse erreicht werden, sonst sei man auf „Mundpropaganda angewiesen“, sagt Marko Zaric. Mit Flyern und Anzeigen käme man an die Migranten nicht heran, da brauche es einen persönlichen Kontakt. Zaric bietet den Migranten Rechtsberatung, Betreuungsvermittlung für Kinder, Hilfe bei der Schulsuche oder der Anerkennung von im Ausland absolvierten Ausbildungen.

Rund 11.000 Ausländer seien in den vergangenen beiden Jahren nach Bremen zugewandert, allerdings inklusive der EU-Bürger, erklärt Hannelore Bitter-Wirtz, Leiterin der Abteilung Arbeit, Gesundheit und Soziales beim Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt Bremen, die die Landesarbeitsgemeinschaft der vier Wohlfahrtsverbände organisiert. Genaue Zahlen über die Klientel der zu Betreuenden kennt auch sie nicht. Weil der Datenschutz den Zugang zu den Migranten erschwere, sei es das nächste Ziel, ein Büro im Stadtamt für Beratung zu nutzen. „Gespräche darüber laufen derzeit“, so Bitter-Wirtz. Doch das Aufenthaltsgesetz verbiete die Datenweitergabe. „Das betrifft alle Ausländerbehörden in Deutschland“, so Bitter-Wirtz.

„Laut deutschem Melderecht ist es möglich, dass Institutionen wie Parteien gegen Gebühr Auskünfte – etwa über Erstwähler –bekommen. Dagegen muss dann der einzelne einen Sperrvermerk einrichten“, erklärt Markus Beyer, Sprecher vom zuständigen Innensenator Thomas Röwekamp (CDU). Doch durch das Ausländerrecht sei das für Verbände und Behörden bei Zugezogenen nicht möglich. Dennoch sieht auch Beyer das Anliegen der Caritas positiv. „Integration der Zuwanderer ist erklärter Senatswille. Wir prüfen daher durchaus wohlwollend, wie wir zu einer Kooperation kommen können, ohne den Datenschutz zu verletzen“, so der Sprecher. Schon jetzt gebe es Möglichkeiten, Flyer der Organisationen im Stadtamt auszulegen und die Neu-Bremer auf das Angebot hinzuweisen.

Vielleicht profitiert von dieser „Prüfung“ ja auch Röwekamps Senatskollegin Karin Röpke (SPD). Die Sozialsenatorin möchte im September erstmals einen Rathaus-Empfang für die Zugezogenen geben. Bisher hat sie aber nicht alle Adressen der Neu-Bremer, weil auch sie keine Auskunft vom Meldeamt bekommen darf. Begründung? Na klar: Datenschutz. ky