Londoner Attentate bewegen Berlin

Nach den Anschlägen in der britischen Hauptstadt reagieren die Behörden besonnen. Zwar bestünde keine konkrete Gefahr, aber man sei gewappnet, sagte Innensenator Körting. Nur dänische und italienische Botschaft werden schärfer bewacht

von MATTHIAS LOHRE

Nach den Bombenattentaten auf Londoner Busse und U-Bahnen am Donnerstagmorgen versuchten die Behörden gestern, die BerlinerInnen zu beruhigen. „Wir fürchten nicht, dass es Anschläge in der Stadt gibt. Aber wir sind darauf vorbereitet“, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern. Zuvor hatten sich VertreterInnen von Innenverwaltung, Polizei, Feuerwehr und Verfassungsschutz zu einer Krisensitzung getroffen.

Für den Notfall sei Berlin gerüstet, sagte der Innensenator: In kürzester Zeit ließen sich 1.500 Feuerwehrleute und Polizisten mobilisieren. Lediglich an zwei Einrichtungen wurden gestern die Sicherheitsvorkehrungen verschärft: der dänischen und italienischen Botschaft. In einem bis Redaktionsschluss unbestätigten Bekennerschreiben waren den beiden Staaten weitere Anschläge als Vergeltung für ihre Beteiligung am Irakkrieg angedroht worden.

Diese Botschaftssicherungen dienten ausschließlich der „Stärkung des Sicherheitsgefühls des Botschaftspersonals“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch. Innensenator Körting fügte hinzu, die britischen Einrichtungen wie die Botschaft in der Wilhelmstraße seien schon seit längerem „auf höchstem Niveau gesichert“.

Auch die Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs sollten beruhigt werden. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) lösten gelben Alarm aus – die zweitniedrigste von vier Alarmstufen (siehe Bericht unten). Leuchtschriften an den Bahnsteigen fordern die Fahrgäste auf, herumstehende Gepäckstücke im Auge zu behalten. In S-Bahnen und Zügen der Bahn AG gehen künftig Beamte der Bundespolizei – also des ehemaligen Bundesgrenzschutzes – auf Tour.

Angriffe von terroristischen Gruppen in der Hauptstadt halten Körting und die Leiterin des Landesverfassungsschutzes, Claudia Schmid, für sehr unwahrscheinlich. Es gebe nur ein „begrenztes Potenzial an Leuten, die Gewalt bejahen“, sagte Körting. Dazu zählten die Hisbollah mit 200 und die Hamas mit 50 Mitgliedern. „Überwiegend wird das von Muslimen und islamistischen Organisationen abgelehnt“, sagte Schmid.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) betonte nach den Terroranschlägen, die Berliner stünden fest an der Seite der Londoner. In einem Brief an seinen Londoner Amtskollegen Ken Livingstone unterstrich Wowereit, der Anschlag mache deutlich, „dass wir national und international alles unternehmen müssen, um diesen hinterhältigen Terrorismus zu bekämpfen“.

Auch FDP- und CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus sprachen den Anschlagsopfern ihr Beileid aus. Der innenpolitische Sprecher der FDP, Alexander Ritzmann, sagte, in Berlin müsse „wie bisher besonnen auf die Bedrohungen reagiert werden“, ohne durch Sicherheitsmaßnahmen die Freiheit der BürgerInnen einzuschränken.

CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer sieht das anders: „Die Sicherheitsanstrengungen müssen ab sofort erheblich verstärkt werden.“

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