wortwechsel: Nach der Bundestagswahl im September 2021
Annalena Baerbock ist nicht schuld, dass auf Merkel keine weitere Kanzlerin folgt, aber der Aufbruch in eine Klimaschutzpolitik in Deutschland kommt jetzt eher mit Robert Habeck.
Frauenstatut
„Es war keine Personenwahl“,
taz vom 26. 9. 21
Die Autorin schreibt, die Grünen haben ihr Ziel verfehlt, das Kanzlerinnenamt wieder in die Hände einer Frau zu geben. Damit hat sie wohl unbeabsichtigt einen zentralen Punkt für den Schrumpfungsprozess von den hohen Werten aus Umfragen zum Wahlergebnis der Grünen benannt. Man stelle sich vor, die Herren Laschet oder Scholz hätten als Wahlziel ausgegeben, dass Kanzlerinnenamt wieder in ein Kanzleramt zu überführen, man hätte Zweifel an der geistigen Gesundheit der Herren geäußert. Ein Frauenstatut darf meiner Meinung nach nicht die Wahl der qualifiziertesten Kandidatin oder des qualifiziertesten Kandidaten verhindern.
Rudolf Fenn, Freiburg
Sahra Wagenknecht
„Destruktive Diskussionen“,
taz vom 28. 9. 21
Nach der Lektüre von Wagenknechts Buch „Die Selbstgerechten“ habe ich mich gefragt: Wer hat eigentlich ein Interesse daran, Sahra Wagenknecht zu verleumden? Auf Seite 149 schreibt sie ganz unzweideutig: „Anders als bei Migration kann es bei Flucht nicht um die Frage gehen, ob Menschen zu ihr motiviert oder eher an ihr gehindert werden sollten. Wenn jemand zu Hause seines Lebens nicht mehr sicher ist, muss ihm, soweit das von außen geht, eine Flucht ermöglicht und ein sicherer Hafen angeboten werden.“ Wogegen sie sich allerdings wendet, das ist eine Migration, die von der Seite des Kapitals immer wieder gefordert wird, um die Löhne zu senken und die Gewerkschaften klein zu halten. Die Erweiterung der EU für Länder wie Bulgarien oder Rumänien hatte genau denselben Effekt. Die Menschen dieser Länder werden also für die Interessen des Kapitals missbraucht. Wagenknecht macht sich also sowohl für die Kassiererin in Köln Ehrenfeld als auch den Geflüchteten in Eisenhüttenstadt stark. Wer das Gegenteil behauptet, soll es bitte belegen.
Gerd Büntzly, Herford
Regierungsbildung
„Laschet wird zur Last“, taz vom 29. 9. 21
Erst Corona,dann die Flut und ihre 200 Todesopfer. Einige haben ihr Haus verloren, dann noch das Auto und jetzt den Job. Wie können das Menschen nur ertragen. Und ich vermute, es wird nicht die letzte Katastrophe gewesen sein. Das Elend und die Trauer müssten doch ausreichen, um jetzt ganz schnell eine neue Regierung auf die Beine zu stellen. Und ganz schnell die Arbeit aufzunehmen. Einfach loslegen, für das Land für die Menschen, für Jung und Alt. Für Familien, für die Kinder. Für das Wohl der Tiere. Der Provinzpolitiker Laschet sollte dabei keine Rolle mehr spielen und schnellstens von der Bühne verschwinden. Ich habe den bis vor 3 Jahren überhaupt nicht gekannt.
Norbert Friedrich, Obertshausen
Wahlergebnis
„Noch ist alles offen“, taz vom 29. 9. 21
Es ist auch heute nicht einfach, ein Land zu regieren. Das Grundübel ist die ungestaltete Globalisierung, die zu einem reinen Recht des Stärkeren zwischen den Ländern führte. Das drängt zu einer Wirtschaftspolitik gegen die Bevölkerung und die Umwelt. Denn je niedriger die Löhne und die Umweltstandards sind, desto konkurrenzfähiger ist man auf dem Weltmarkt, und desto mehr Kapital fließt in dieses Land und aus andern Ländern ab. Der zweite Erfolgsfaktor sind Konzerne wie die Automobilindustrie, die mit ihrem Export riesige Geldmengen ins Land bringen, und denen man jeden Gefallen tut, damit sie im Land bleiben. Das führte zum Steuersenkungswettbewerb für das große Geld zwischen den Ländern und zu den Freihandelsverträgen, die den Konzernen freie Fahrt sichern.
Hans Oette, Neuenstadt
Wahlfreiheit
„Bienenkiller außer Kontrolle“,
taz vom 29. 9. 21
Es ist leider der Dummheit des deutschen Volkes geschuldet, dass es die Politiker bekommt, welche es wählt, und somit sollte man nichts dazu sagen. Mit Politikern wie Frau Klöckner wird „Kapital“ zum „Ertrag“ erklärt und somit eine nicht wiederherzustellende Zerstörung der Umwelt betrieben. Julia Klöckner betreibt Lobbyistentum für die Südzucker, damit diese dann ihren gesundheitsschädlichen Zucker als „linksgedrehten“ Zucker neu vermarkten kann. Ernst Schumacher schrieb schon richtig: „Man kann noch lange Irrationalität und Blindheit von Männern und Frauen in Positionen beklagen, weil ihre Einsichtsfähigkeit durch Habsucht und Neid geblendet sind.“
Volker Bruecher, Obrigheim
Frauen in der Politik
„Gleichstellung auch beim Verlieren“,
taz vom 29. 9. 21
Frau Mertins hat in mehreren früheren Kommentaren keinen Hehl daraus gemacht, was sie von Annalena Baerbock hält. Nun tritt sie noch einmal kräftig nach. Dann unterstellt sie, wenn man die Frau schone, zeige sich ein „sexistischer Kern“. Geht’s noch? So viel verdeckte Aggressivität, verpackt in emanzipatorischen Ansprüchen, das irritiert schon sehr. So gibt sie Frau Baerbock auch die Verantwortung für die „gescheiterte“ Wahl. Das alles, weil diese „knallharte Machtpolitikerin“ nicht zurückgetreten ist, wie es Frau Mertins in früheren Kommentaren verlangte?
Dieser Wahlkampf hat deutlich gezeigt, dass Deutschland noch weit davon entfernt ist, dass Frauen in der Politik die gleichen Chancen bekommen, und daran stricken viele mit.
Maria Wesselmann-Poßin, Lüneburg
Vizekanzler
„Habeck will’ s wissen“, taz vom 28. 9. 21
Das war ein echter Härtetest für die Grünen mit dem Anspruch, einen Aufbruch für Deutschland mit Klimapolitik nach Merkel jüngste Kanzlerin zu werden. Jetzt kommt der Schattenmann, Robert Habeck, ganz nach vorne, denn er kann es besser mit Erfahrung als Minister in Schleswig-Holstein. Erfolgreicher Buchautor und Philosoph, kann auch Vizekanzler, was denn sonst, regieren geht nur mit ausgeprägtem Machtwillen und intelligenter Rhetorik.
Annalena Baerbock war und ist dem eigenen Anspruch, Kanzlerin zu sein, und an ihren einfachen Fehlern gescheitert und an fehlender Amtserfahrung, die Olaf Scholz zum Sieger gemacht hat – wir kennen ihn schon als Vizekanzler. Politik bringt immer Gewinner und Verlierer hervor, das gilt auch für die Grünen.
Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg
Identität
„Bloß gut gemeint“, taz vom 24. 9. 21
„Abstrus“ findet es die Autorin, dass Campact dazu aufruft, den „älteren weißen Mann“ Lauterbach zu wählen, statt Serap Güler, die „jüngere Frau mit Migrationshintergrund“ von der CDU. Abstrus ist doch allenfalls die Vorstellung, dass bei der Bundestagswahl die Identität der Kandidaten und Kandidatinnen ausschlaggebend sein soll und nicht das Programm der Partei, für die sie antreten. Frau Güler wird Gründe haben, warum sie für die CDU antritt. Aber dadurch wird sie für viele, wohl sogar für eine deutliche Mehrheit, unwählbar, egal, wo sie herkommt oder wie sie aussieht.
Man kann den Bedenken von Anna Lehmann in vielen Punkten zustimmen; Hier aber wird man an unselige Aktionen der Frauenzeitschrift Brigitte erinnert, die in den 80er Jahren unter dem Motto „Frauen wählen Frauen“ nicht davor zurückschreckte, auch rechtsradikale Kandidatinnen einzubeziehen.
Martin Heberlein, Würzburg
Gebt das Hanf frei!
„Noch ist alles offen“, taz vom 29. 9. 21
Da nun Grün und die FDP in Gesprächen sind, sollten sie den Streit über Steuererhöhungen doch einfach lösen und Kiffen frei geben. So hat Grün Steuern und die FDP keine Steuererhöhung und keiner verrät seine Wähler. Jörn Keye, Achim
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