brief des tages
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Afrika: Euro-Imperialismus und Bildungsmigration

„Koalition mit Weitblick“, taz vom 26. 8. 21

Sehr geehrter Daniel Cohn-Bendit, sehr geehrter Claus Leggewie, leider reichte der Blick Ihres Debattenbeitrags nur bis zur Migration. Angesichts des hoffnungslos stabilen Wohlstandgefälles zwischen Europa und Afrika, verblasst die Migration aber zu einem Nebenthema. Die von Ihnen wohl befürwortete Bildungsmigration zementiert Afrikas Status als Almosenempfänger und dient kurzsichtig egoistischen europäischen Interessen. Bekämpfung von Fluchtursachen (also vornehmlich von Armut) ist das Thema, auf dass ich bei der Lektüre vergeblich gewartet habe. Solange Europa die Gelder afrikanischer Korruption verwaltet und Rohstoffe sowie begabte Menschen zum Eigengebrauch aus Afrika abzieht, darf man in Analogie zum DM-Nationalismus auch weiterhin getrost von einem Euro-Imperialismus reden. Spätestens, wenn in wenigen Jahrzehnten die eigentliche Migrationswelle aus Afrika anrollen wird, die man angesichts der UN-Demografieprognosen dann wohl einen Exodus wird nennen dürfen, werden wir merken, dass es nicht sehr klug war, Afrika dauerhaft als Ersatzteillager zu missbrauchen. Christian Voll, Passau